Obschon die Sperrfrist erst morgen endet, verreißt sich das sogenannte „meinungsbildende Feuilleton“ schon im Vorfeld das Maul.
Nach Georg Diez‘ heftiger Kritik im Spiegel an Christian Krachts Roman „Imperium“ erkennt Andreas Fanizadeh zwar weiterhein eher auf „spleenige Leere“ als auf rechtsradikales Gedankengut. Doch die erboste Verlagsreaktion auf Diez wundert ihn schon:
„Am Montagnachmittag ließ er verbreiten, der Spiegel-Artikel sprenge ‚die Grenzen der Literaturkritik‘. Mit ‚atemberaubenden Verdrehungen‘ werde der Versuch unternommen, Kracht ‚aus dem Kosmos der deutschsprachigen Literatur‘ auszugrenzen. ‚Imperium‘, so der Kölner Verlag, sei von einer Vielzahl von Autoren und Journalisten hoch gelobt worden. ‚Niemand hat auch nur ansatzweise einen Zusammenhang zu Rassismus und totalitärem Denken darin gefunden.‘ Niemand, wirklich? Das ist allerdings bedenklich.“
Im Spiegel ist Georg Diez, der auf vier Seiten mit dem „faschistischen Provokateur“ Christian Kracht abrechnet, dem „subtil ironischen Spiel“ des Autors „voll auf den Leim“ gegangen, meint Felicitas von Lovenberg.
„Ziemlich hirnrissig“ findet Erhard Schütz im FREITAG den Vorwurf des Faschismus gegen Christian Kracht: „‚Imperium‘ ist vor allem eins – glänzende Literatur.“
Christian Krachts Roman „Imperium“ zeigt keine Nazigesinnung, meint Sabine Vogel in der Berliner Zeitung: „Hitler war kein Hippie. Aber, um mit der Gestelztheit der Kracht’schen Diktion zu sprechen: man kommt nicht umhin zu sagen, dass der Roman ein recht hanebüchener Schmarrn ist.“
Christian Kracht sagt nach Georg Diez‘ Polemik im Spiegel eine geplante Lesung in Berlin ab. Gerrit Bartels kommentiert im Tagesspiegel:
„Allerdings verwundert die aktuelle Verletztheit von Kracht auch ein wenig. Ist er doch zum einen ein Autor, der durchaus gern mal provoziert. Zum anderen sind in vielen Feuilletons Lobeshymnen auf ‚Imperium‘ gesungen worden. Auch der Verlag hatte sich gleich nach Veröffentlichung des Spiegel-Artikels mit einer öffentlichen Mitteilung hinter Kracht gestellt und war mit harschen Worten ‚diesem journalistischen Rufmord‘ entgegengetreten.“
Uninspiriert faßt Roman Bucheli diese Aufgeregtheit in der NZZ zusammen. Er wird allerdings noch übertroffen von der Bräsigkeit in der ZEIT in Person der Großkritikerin Iris Radisch.
Doch eher um Narzissmus als um Nazis gehe es in der Debatte um Christian Krachts „Imperium“ und die polemische Kritik von Georg Diez im Spiegel, meint Jörg Magenau in der taz. Diez habe nicht nur Krachts „frei flottierende Ironie nicht begriffen, sondern noch nicht einmal seinen eigenen Text. So sprechen Platzanweiser, die über die Grenzen des demokratischen Diskurses offenbar ganz genau Bescheid wissen und dort ihren schweren Job als Hüter der öffentlichen Ordnung versehen… Krachts ‚Imperium‘ ist nicht deshalb fragwürdig, weil es darin um Vernichtung und Erlösung geht, sondern weil auch das für Kracht, wie alles, was er schreibt, nur Spiel, nur Stil, nur Attitüde ist. Seine ironischen Distanzierungsübungen laufen ins Leere.“
Als Meister der Ironie und „Stimmenimitator Thomas Manns“ feiert Christopher Schmidt in der SZ den Autor Christian Kracht und verteidigt seinen Roman „Imperium“ gegen die Attacke des ehemaligen SZ-Autors Georg Diez im Spiegel, den er aber nicht beim Namen nennt:
„Arglistig kassiert der Verfasser des Artikels damit die Differenz zwischen Kunst und Leben und macht sich selbst jenes reaktionären Ästhetizismus schuldig, dessen er den Autor bezichtigt. Dabei dreht er das Argument um: dass aus den inkriminierten Passagen nichts Eindeutiges hervorgehe, wird dem Autor als bewusste Verdunkelung ausgelegt. So etwas ist nicht Journalismus, sondern Rufmord.“
Wer wissen will, wo die Kokusnus geklaut wurde, sollte dem Link nachlauschen oder selber lesen.
Meine Meinung, Matze