Am 27.10.2008 verstarb der Artist Peter Meilchen in Arnsberg, er wurde knapp 60 Jahre alt. Sowohl als bildender Künstler, wie auch als Autor ist Meilchen ein Beobachtungsvirtuose, der viele Preziosen zu bieten hat, Wahrnehmungen, die vielleicht nicht unbedingt lebenswichtig sind, aber gerade in ihrer Fokussierung des Nebensächlichen dem Leser Aha–Erlebnisse und Wiedererkennungseffekte verschaffen. Er nimmt sich und seinen Figuren kein Blatt vor den Mund, die Brutalitäten in Wort und Bild können uneingeschränkt defilieren. Dies gehört spätestens seit Rabelais zur Lust am Grotesken, dieses destruktiv–schöpferische Sich–gehen–Lassen, die verbale Ausschweifung.
Bisher sind aus dem Nachlass zwei DVDs und ein Hörbuch erschienen. Sowohl in seinem nachgelassenen Roman „Schimpfen“, als auch in dem Konvolut hinterlassener Reden, loser reflektierender Texte und Briefe zeigt er, dass das Entdecken und Nutzen des Kleinen und so offensichtlich Nebensächlichen tatsächlich manches Mal mehr über unsere Kultur und deren Wertigkeit zu vermitteln weiß, als die stete und stets langweilige Wiederholung von bereits bekannten Bildern, Motiven, Zeichen und zitierfähigen Kürzeln. Er webt mit Hilfe von Bild und Text an einer Realität, die als eine Überrealität uns zu fassen in der Lage ist. Das scheinbar Banale erhält hier eine Tiefe, die uns den Teppich unter den Füßen unserer Selbstgefälligkeit entzieht.
Plötzlich entdecken wir, dass eben jener Bodenbelag über einem großen Nichts lag. Schwarzes Loch. Mit dem Ausspruch „Da schau, schon wieder nichts.“ bringt Peter Meilchen die Leere eines ganzes Kunstmarktes auf den Punkt, der sich in eklektizistischen Bildzitaten gefällt, der sich selbst zitiert und glaubt, hieraus könne eine Erkenntnis erwachsen. Erkennen aber ist gar nicht das Ziel von Kunst, sie genügt sich selbst, denn „Die Provinz hat nichts mit dem Ort zu tun, sondern mit dem Denken.“
Erst der Betrachter und Leser wird zu einer Erkenntnis gelangen, die über die Kunst und damit ihre Realität hinaus geht.
Wer von seinem Leben erzählt, erzählt immer eine Erfolgsgeschichte. Wer erzählt, lebt. Peter Meilchens Biografie endet nicht mit dem Tod, er lebt weiter – durch sein Werk.
Um Meilchens nachgelassenen Roman „Schimpfen“ in 2013 publizieren zu können, bietet die Edition Das Labor ein ‚Bücherregal’ mit Publikationen an. Dieses Regal wurde gestaltet von Haimo Hieronymus und ist erhältlich über die Werkstattgalerie der Bogen. – Bereits jetzt ist auch eine Suscription von „Schimpfen“ möglich. Jeder Förderer wird namentlich im Buch genannt.
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Bisher von Peter Meilchen in der Edition Das Labor erschienen:
Schland – DVD von Peter Meilchen
Die Restauration von »Schland« ist eine Resynchronisation, die Bild und Ton des Films, im vorliegenden Original gegeneinander verrutscht, wieder in den richtigen Bezug zueinander bringt.
Peter Meilchen geht mit seiner Kamera so dicht an die Dinge dieser Welt heran, daß diese ihren Anspruch aufgeben, Dinge dieser Welt zu sein – und zum Bild werden können. Sein ‚Sehen‘ ist kein Begaffen, sondern existenziell vollzogen.
Texte – Hörbuch von Peter Meilchen
Wer von seinem Leben erzählt, erzählt immer eine Erfolgsgeschichte. Wer erzählt, ist nicht allein. Er gehört in eine Welt, die seine Welt geworden ist. Ganz auf die Ablagerungen der eigenen Biographie setzend und ohne Attitüde benennt Peter Meilchen so die Quelle seiner reichen und doch nie vagen »Texte«.
Beobachtungen eines Unsichtbaren – DVD von Peter Meilchen
Dieses Bildtagebuch besteht aus 366 Bildern (Din-A-4-Arbeiten) und stellt das Schalt–Jahr 2003/04 mit seinen täglichen Wahrnehmungen und den entsprechenden gedanklichen Verbindungen des Künstlers. Seine Kunst setzt die andere Möglichkeit der Deutung voraus. Man braucht sich nicht auf die eine und allein gültige Botschaft festzulegen. Seine Bilder sprechen zum Betrachter in vielen Sprachen. Meilchens Arbeit einer Gattung zuzuordnen hieße, seine Kunst vom Leben zu trennen.
In einem Nachruf denke ich über Peter Meilchens Arbeit nach.