Auch dieses Jahr stellt die von uns sehr geschätzte Edition Rugerup (siehe auch den Essay von Theo Breuer) neue Bücher, Dichter, Schriftsteller und Übersetzer in der Galerie KUB vor. Als da wären:
Aus Norwegen reist Øyvind Rimbereid an, der mit seinem Übersetzer, dem deutschen Dichter Klaus Anders, seinen Lyrikband „Herbarium“ vorstellt. Kernstück des Buches ist ein Langgedicht über aus dem Ruder laufende Spekulationen, begonnen mit der holländischen Tulpenblase. Damals brachte die Zwiebel einer einzigen Tulpe bei Versteigerungen genügend Geld, um ein ansehnliches Haus zu kaufen. Aber auch gänzlich andere Blumengedichte aus dem Band zeigen, daß dieses vergessene Genre spannend in unsere Zeit passen kann. Außerdem stellen Rimbereid und Anders die große Anthologie „So schmeckt ein Stern“ vor, die einen Überblick über die norwegische Lyrik des 20. Jahrhunderts gibt
Thomas Daiber, Professor für slawische Sprach- und Kulturwissenschaft, stellt den polnischen Renaissance-Dichter Jan Kochanowski vor, der mit dem kleinen Band „Das Schachspiel“ nicht nur ein Langgedicht über das Liebeswerben mittels eines Schachspiels schrieb, sondern wie nebenbei die Entwicklung des damals neuen „Damen-Schachs“ erhellt. Thomas Daibers gereimte Übersetzung und sein langer Essay machen den Band zu einem so lehrreichen wie erfreulichen Lesevergnügen.
Ulrich Schacht, der letztes Jahr mit seinem autobiographischen Roman „Vereister Sommer“ einen großen Erfolg feierte, ist trotzdem vor allem Dichter, und sein neuer Band „Bell Island im Eismeer“ beweist es. Sein Ohr für Musik, seine vielfältigen Interessen und sein Gespür für die Schönheit der Schöpfung ergänzen sich zu einem poetischen Ganzen, daß schon früher von Kritikern hoch gelobt wurde.
Der deutsche Dichter Ulrich Zieger, der seit vielen Jahren in Montpellier lebt, wird am nächsten Abend, Samstag, in der Reihe Lyrik im Schlößchen seinen Band „Aufwartungen aus dem Gehäus“ vorstellen. Er liest hier ein paar Texte, um auf diese Lesung aufmerksam zu machen – eine seltene Gelegenheit, diesen wundervollen Dichter zu erleben.
Den literarischen Teil des Abends schließt Thomas Josef Wehlim ab, der in seinem poetisch und doch kühl geschriebenen Roman „Die Tage des Kalifats“ eine Deutsch-Afghanin auf der Suche nach ihrem verschwundenen Sohn in das pakistanische Grenzland begleitet, wo in drei Erzählperspektiven die Region und der Krieg beleuchtet werden. Viele Jahre hat Wehlim recherchiert, um dieses Buch zu schreiben, aber man möchte es in einem Rutsch lesen, so spannend wird dieser Konflikt und die in ihn verstrickten Menschen beschrieben.
Die Verlegerin Margitt Lehbert moderiert und beantwortet nach den Lesungen gerne Fragen aus dem Publikum.
Weiterführend → Ein Essay über den Lyrikvermittler Theo Breuer.
→ Poesie zählt für KUNO zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugt der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung. Um den Widerstand gegen die gepolsterte Gegenwartslyrik ein wenig anzufachen schickte Wolfgang Schlott dieses post-dadaistische Manifest. Warum Lyrik wieder in die Zeitungen gehört begründete Walther Stonet, diese Forderung hat nichts an Aktualität verloren. Lesen Sie auch Maximilian Zanders Essay über Lyrik und ein Rückblick auf den Lyrik-Katalog Bundesrepublik. KUNO schätzt den minutiösen Selbstinszenierungsprozess des lyrischen Dichter-Ichs von Ulrich Bergmann in der Reihe Keine Bojen auf hoher See, nur Sterne … und Schwerkraft. Gedanken über das lyrische Schreiben. Lesen Sie ein Porträt über die interdisziplinäre Tätigkeit von Angelika Janz, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier, ein Essay fasst das transmediale Projekt „Wortspielhalle“ zusammen. Auf KUNO lesen Sie u.a. Rezensionsessays von Holger Benkel über André Schinkel, Ralph Pordzik, Friederike Mayröcker, Werner Weimar-Mazur, Peter Engstler, Birgitt Lieberwirth, Linda Vilhjálmsdóttir, und A.J. Weigoni. Lesenswert auch die Gratulation von Axel Kutsch durch Markus Peters zum 75. Geburtstag. Nicht zu vergessen eine Empfehlung der kristallklaren Lyrik von Ines Hagemeyer. Diese Betrachtungen versammeln sich in der Tradition von V.O. Stomps, dem Klassiker des Andersseins, dem Bottroper Literaturrocker „Biby“ Wintjes und Hadayatullah Hübsch, dem Urvater des Social-Beat, im KUNO-Online-Archiv. Wir empfehlen für Neulinge als Einstieg in das weite Feld der nonkonformistischen Literatur diesem Hinweis zu folgen.