Die GhostTraXXX stellen die innere und äußere Reise des Flüchtlings auf zwei Axen dar, die paradigmatische Axe der Simultanität – das Innere – und die syntagmatische der Chronologie – das Äußere – deren Überschneidung – laut Roman Jakobson – die poetische Umsetzung der Idee erzeugt.
Jede Reise löst nach aussen und nach innen eine vielschichtige Metamorphose aus.
Sie wird als berauschender Sinnes– und Geisteswirbel wahrgenommen.
Jede Reise ist der immer wieder vergegenwärtigte Ausdruck – in einer sich immer wieder verändernden Form – der ursprünglichen Questa, der Suche nach dem Absoluten, die das Menchensein prägt.
So wird jede Reise zum Symbol der Bereitschaft, sich der Unendlichkeit und Vielfalt der Existenz zu öffnen. Sich als deren zeitweiligen Träger zu erkennen und sie bei der Ausführung dieser existentiellen Aufgabe zu bestimmen.
GhostTraXXX ist die polyphone lautpoetische Reise ins Innere und Äußere eines einzelnen Schicksals, dessen Entwicklung sich in der Abwechslung der Sprachen und deren inhaltlicher Semiotik nachvollziehen läßt.
Die Stufen der zu illustrierenden Questa lauten:
– Verzweiflung, – aus diesem Grunde scheinbare Kapitulation;
– Überlebenswillen, – infolgedessen Rebellion und Flucht;
– Erlernen des geistlichen Freiatems, – somit wiedereroberte Freiheit;
– Wahrnehmung des Körpers, – zwecks Sinnesgenuss,
– Vollendung der Reise mit dem Bewusstsein, das Ich sei das schöpfungsfähige, einheitliche Zentrum des Wirbels, von dem aus sich alle Abenteuer entwirren lassen können.
Der „Ausgangsort“ ist der Kopf / die deutsche Sprache, wo auch unsere Reise als Autoren begann. Auf der inneren (körperlichen) / äußeren (sprachlichen) Karte vermerken die weiteren „Anhaltsorte“ (Herz / Rumänisch, – Lungen / Englisch, – Bauch / Italienisch, – Mutterleib / Französisch) die Offenbarungen, die das archetypale, deshalb androgyne Ich (Frauen– und Männerstimmen zugleich) während seiner sich doppelt auswirkenden Reise erlebt.
Als Alter Ego der deutschen Stimme, vollzieht unser Flüchtling die Evasion / Emanzipation, die sich sein Schöpfer – der Kopf – für ihn ausdenkt.
Er verläßt ein Land unter Diktatur und reist durch Europa. Jedes neue Land und jede neue Sprache führen ihn einen Schritt näher zur Erkenntnis. Von Einsamkeit zu Gemeinschaft, von scheinbarer Sinnlosigkeit des isolierten Daseins, zu verborgenheits– und vertrauensschenkendem Sinn der Zugehörigkeit.
GhostTraXXX ist die dichterische Verschwörung einer Utopie und ein zufälliger Knoten in ihrem nichtendenden Gewirk.
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GhostTraXXX, von A.J. Weigoni. Komposition: Frank Michaelis, Tom Täger. Regie: Ioona Rauschan.
Ausgestrahlt vom Sender Freies Berlin / Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg
Weiterführend → Die GhostTraXXX sind zu hören auf MetaPhon. Über die Textonologie, eine Einführung zu MetaPhon.