Freibord
Gerhard Jaschke ist die Eminenz der vor Lebendigkeit nur so wimmelnden Wiener Literaturszene, ein charismatischer Klassiker, dessen Werk zu quirlig ist, um Staub anzusetzen. Die vor wenigen Tagen gelesenen Gedichte in Alles Klar Natürlich stellen eine gelungene Text-Sammlung dieses weiterhin hochengagierten Autors dar, der neben zahlreichen Büchern wie Stubenrein, Wortfest, Blauer Schocker, Alles Klar natürlich oder den beiden Weltbuden-Bänden nun bereits im 36. Jahr Freibord, die Zeitschrift für Literatur und Kunst herausgibt.
Alte Schmiede
Am 23. April 2012 feiert Gerhard Jaschke mit den Schriftstellerkollegen Peter Matejka, Elisabeth Wäger, Ronald Pohl, Sylvia Treudl, Herbert J. Wimmer und Ilse Kilic in einer der originellsten und lebendigsten literarischen Begegnungsstätten Wiens, in der von Kurt Nemann seit vielen Jahren mit großem Einsatz geleiteten Alten Schmiede in der Schönlaterngasse 9 Fünfunddreißig Jahre Freibord und stellt mit den Kollegen die soeben erschienene 155. Freibord-Ausgabe in Wort und Bild vor. Friederike Mayröckers grandioses Gedicht unterwandern bildet den Auftakt einer Ausgabe, die an Spritzigkeit nichts zu wünschen übrigläßt. Ob Peter Pessls der tempel der lu, Theo Breuers zwischen Bensch und Kraus schwingender Gedichtzyklus in der schwebe, Günther Kaips Kiesel I bis VI, Fritz Widhalms das papier des schweigens oder Ilse Kilics hoppla. quietsch.: Freibord hat nichts verloren von der Wort- und Formfrische, die diese Zeitschrift sei eh und je auszeichnen.
Alles Klar Natürlich
Für Gerhard Jaschke haben die offene Flanken für künstlerische Konzepte ästhetische Ansätze. Seine Gedichte nehmen Ausdrucksformen moderner Kommunikationstechniken auf und transformieren sie mit aufklärerischem Anspruch. Die aphoristische Struktur, der gestische Duktus, die ironischen Untertöne, die Unterwanderung vorgeprägter Sprache und die umgedeuteten Sprichwörte dienen häufig einem parodistischen Spiel. Der Lyriker präsentiert ein lebendiges Sprachspiel aus Alliterationen, Akronymen und Anagrammatischem, wie schon Petra Ganglbauer in ihrer Besprechung betonte, in der es weiter heißt: »Dieser rasende Lauf durch den Ereignisdschungel täglich / was täglich geschieht, geschieht uns täglich / … (!) mutet wie ein Spiegel der innergesellchaftlichen Realität an. Das ICH läuft Gefahr, fortgerissen zu werden und muß infolgedessen seine Stimme erheben, verstärken«. Gerhard Jaschke, der alte Stoiker, macht einfach weiter. Einer muss es ja tun.
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Weiterführend → Ein Essay über den Lyrikvermittler Theo Breuer.
→ Poesie zählt für KUNO zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugt der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung. Um den Widerstand gegen die gepolsterte Gegenwartslyrik ein wenig anzufachen schickte Wolfgang Schlott dieses post-dadaistische Manifest. Warum Lyrik wieder in die Zeitungen gehört begründete Walther Stonet, diese Forderung hat nichts an Aktualität verloren. Lesen Sie auch Maximilian Zanders Essay über Lyrik und ein Rückblick auf den Lyrik-Katalog Bundesrepublik. KUNO schätzt den minutiösen Selbstinszenierungsprozess des lyrischen Dichter-Ichs von Ulrich Bergmann in der Reihe Keine Bojen auf hoher See, nur Sterne … und Schwerkraft. Gedanken über das lyrische Schreiben. Lesen Sie ein Porträt über die interdisziplinäre Tätigkeit von Angelika Janz, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier, ein Essay fasst das transmediale Projekt „Wortspielhalle“ zusammen. Auf KUNO lesen Sie u.a. Rezensionsessays von Holger Benkel über André Schinkel, Ralph Pordzik, Friederike Mayröcker, Werner Weimar-Mazur, Peter Engstler, Birgitt Lieberwirth, Linda Vilhjálmsdóttir, und A.J. Weigoni. Lesenswert auch die Gratulation von Axel Kutsch durch Markus Peters zum 75. Geburtstag. Nicht zu vergessen eine Empfehlung der kristallklaren Lyrik von Ines Hagemeyer. Diese Betrachtungen versammeln sich in der Tradition von V.O. Stomps, dem Klassiker des Andersseins, dem Bottroper Literaturrocker „Biby“ Wintjes und Hadayatullah Hübsch, dem Urvater des Social-Beat, im KUNO-Online-Archiv. Wir empfehlen für Neulinge als Einstieg in das weite Feld der nonkonformistischen Literatur diesem Hinweis zu folgen.