Meine erste Schallplatte – „Good Vibrations“ von den Beach Boys

Somebody was trying to tell me that CDs are better than vinyl because they don’t have any surface noise.
I said listen mate, life has surface noise.

John Peel

Quelle: Szene aus dem wundervollen Film „Moonrise Kingdom“ von Wes Anderson

Cousine K. hatte nicht nur einen ganz eigenen Zugang zu Pop:

»Die Engländer sind Piraten. Die haben schon immer bei fremden Kulturen geräubert, daher sind die Pilzköpfe auch nichts weiteres als elendige Plagiatoren!«

K. hatte als Jägerin verlorener Vinylschätze selbstverständlich als erste einen tragbaren Plattenspieler auf dem nicht nur 7″-Singles abgespielt werden konnten, sondern auch LPs!

An den Sommerabenden am Strand von Langeoog konnten wir so ganze Plattenseiten durchhören. Unsere Sehnsuchtshymne stammte selbstverständlich von dem genialen Pet Sounds-Album der Beach Boys: Wouldn’t it be nice if we were older / Then we wouldn’t have to wait so long.

That’s one small step for a man, one giant step for mankind

Das Farbphoto des Erdaufgangs, aufgenommen von Bill Anders mit einer Hasselblad-500-Kamera, Brennweite 250 mm.

Im Jahr der Mondlandung warteten wir daher eher nicht auf Major Tom, sondern weiterhin auf das pompös angekündigte Meisterwerk Smile.

Es lies auf sich warten; much too long.

Als Trostpreis verblieb uns die 7″-Single Good Vibrations, die ich K. als meine erste Neuerwerbung hostiengleich auf den Plattenteller legte. Wir waren elektrisiert bis in die Schamhaarspitzen. Und hofften auf eine Teenage Symphony to God, die den Irrtum Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band endlich richtig stellen sollte.

Vergeblich.

Our own private Mixtapes

Die Aufnahmen von Smile versanken in den Archiven. Einzelne Stücke wurden auf Smiley Smile, Wild Honey und Sunflower veröffentlicht. K. und ich schicken einander Compact-Cassetten, auf denen wir den mutmaßlichen Mix des ausführenden Produzenten Van Dyke Parks nachzuvollziehen versuchten.

Wiederholt vergebens.

Es gibt nur eine Borussia

Die Raute im Herzen

Nachdem ich meine Examensarbeit Punk–Nekrolog auf eine Bewegung abgeschlossen hatte, glaubte ich, den äußersten Rand der Pubertät hinter mich gebracht zu haben … Da entdeckte ich zufällig bei Künstlerfreund Peter Meilchen (mit dem ich nicht nur die Liebe zur wahren Borussia teilte) das Boxet The Capitol Years. Spätestens dies war der Beginn einer wundervollen Freundschaft.

Völlig einverstanden damit, dass es – mit einer Ausnahme – nur verunglückte Songs zu Fußballteams geben kann, waren wir uns überdies darin einig, dass die Realisierung des verschollenen Meisterwerks der Beach Boys nur eine Frage der Zeit sein könne.

Abermals vergebens.

Eine Generation später

Smile war ein Versprechen. Eine Generation später wird es eingelöst. Selbstverständlich auf Vinyl. Und in Mono. Da der tragbare Plattenspieler von Cousine K. nicht mehr existiert, sitze ich mit dem Plattensammler Haimo Hieronymus in seinem Atelier der Werkstattgalerie Der Bogen. Wir haben im Gedenken des Künstlers Meilchen eine Flasche Paul Mas dekantiert, und spätestens das Herausnehmen der LP aus dem inner sleeve erinnert mich daran, wie ich den BH der ersten großen Liebe aufgehakt habe. Die Nadel gleitet sacht in die Rille, und ich habe, wie ma dat em Rheinland so schön sagen tut, »Pipi in die Augen«.

 

Weiterführend → 

Meine erste Schallplatte: „Heart of glass“ von Blondie, vorgestellt von Martina Haimerl. Life circles at 33rpm!, postulierte Mischa Kuball. Wer sich hinter „Mister B“ verbirgt, beschreibt Christine Kappe. Ergänzen ein Artikel zum Kassettenuntergrund. »Don Juan« von Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick and Tich, vorgestellt von Joachim Feldmann. Eine Reise ins Glück von den Lilians, vorgestellt von Ju Sophie Kerschbaumer. „This charming man“ von den Smiths vorgestellt von Haimo Hieronymus. The Fall – Big New Prince vorgestellt von Enno Stahl. Dschäääzz!!!, gehört von Eva Kurowski. Helge Schneider ist wahrscheinlich der bislang einzige Solo-Künstler, der gleich mit seiner ersten Platte den Titel Seine größten Erfolge gab. Begleitet wurde er bei den Aufnahmen durch Tonmeister Tom Täger im Tonstudio an der Ruhr. Meine ersten drei Platten, vorgestellt von Marcus Baltzer. Meine Musik, vorgestellt von Ulrich Bergmann. Mit etwas Verspätung erschien Pia Lunds zweites Solo-Album Gift. Smile war für A.J. Weigoni ein Versprechen. Eine Generation später wurde es eingelöst. Selbstverständlich auf Vinyl. Und in Mono. Eine Wiederveröffentlichung der Neu!-Studioalben ist auf dem Label Grönland erschienen. in 1999 ging KUNO der Frage Label oder available? nach. Einen Remix zu basteln ist in der Popmusik gang und gebe. Stephan Flommersfeld hat das Selbe mit der “Letternmusik” gemacht. „Wenn es Videoclips gibt, muss auch die Literatur auf die veränderten medialen Verhältnisse reagieren.“, postulierte A.J. Weigoni 1991 und erfand mit Frank Michaelis das Hörbuch. Erweiternd zum Medium der Compact Disc auch der Essay Press/Play.