Bonn, 27.9. Am Neutor

 

Lieber Damonte, haben Sie herzlichen Dank für Ihre Karte! Ihr ‚Selbstporträt‘ auf der Rückseite erinnert mich an die frühen ‚Grisailles‘ Gerhard Richters, die verschwommenen Porträts, die er in Schwarzweißtönen malte, etwa den RAF-Zyklus ‚18. Oktober 1977‘ – dagegen ist Ihr Konterfei offensichtlich ein Beweisfoto der Polizei, quasi ein

Fahndungsfoto – Sie sitzen am Steuer Ihres Autos, und der Maler Ihres Bildes ist die Kamera, deren Blitz Sie nicht willentlich ausgelöst haben … es entstand also in flagranti ein Sündenfoto mit größtmöglichem Wahrheitsgehalt, obwohl … Sie dachten in dem Moment Ihrer Überführung an ganz andere Dinge, oder Sie dachten überhaupt nichts und übersahen die Schilder der Geschwindigkeitsbegrenzung … Haben Sie noch mehr solcher ‚Selbstporträts‘?

 

 

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Pirandello-Geschichten, von Ulrich Bergmann + Selbstporträts, Damonte, Bonn 2021

Weimar ist nicht Bonn

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Auch in seinem Projekt Pirandellos nutzt Ulrich Bergmann das Postkartenformat. Mit seinen „Correspondenzkarten“ verschafft er den Lesern das Vergnügen von spezieller Twitteratur. Es ist eine bildungsbürgerliche Kurzprosa mit gleichsam eingebauter Kommentarspaltenfunktion, bei der Kurztexte aus dem Zyklus Kritische Körper, und auch aus der losen Reihe mit dem Titel Splitter, nicht einmal Fragmente aufploppen. – Eine Einführung in Schlangegeschichten von Ulrich Bergmann finden Sie hier. Lesen Sie auf KUNO zu den Arthurgeschichten auch den Essay von Holger Benkel, sowie seinen Essay zum Zyklus Kritische Körper.