Wie pflegt man die einer Kunst immer noch unterstellte Renitenz, wenn sie und ihre Schöpfer längst in der gesellschaftlichen Mitte angekommen sind? – Ein schnöseliges Musterbeispiel gibt Dirk von Lowtzow heute in Jetzt, dem Jugendmagazin der Süddeutschen Zeitung. KUNO zitiert aus diesem Interview:
SZ: Herr von Lowtzow, eine große neue Anthologie mit Balladen aus der gesamten der deutschen Literaturgeschichte, die der Germanistik-Professor Wulf Segebrecht herausgegeben hat, beginnt mit dem Text des Tocotronic-Songs ‚Das Blut an meinen Händen‘. Macht sie diese Art der literarischen Kanonisierung Ihrer Texte stolz?
Dirk von Lowtzow: Das berührt mich eigentlich nicht. Wirklich. Es ist sicher ein sorgfältig komponiertes Buch, aber eben auch eines, das ich mir nicht kaufen würde. Wir würden jetzt allerdings auch nicht verhindern, dass ein Text von uns in so einem Band auftaucht. Haben wir ja auch nicht.
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Kennen Sie zeitgenössische Lyrik?
Damit kenne ich mich nicht besonders aus. Aus der Nachkriegsgeneration fiele mir noch Ingeborg Bachmann ein, ich finde ihre Gedichte aber auch nicht alle gut. Paul Celan interessiert mich als Person, als Schicksal sehr, die meisten seiner Gedichte finde ich, ehrlich gesagt, ein bisschen kitschig.
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Das ganze Interview finden Sie auf Jetzt, dem Jugendmagazin der Süddeutschen Zeitung. Auch Hamburger Wochenzeitschrift ‚Die Zeit‘ zweifelt daran, ob Tocotronic seit 20 Jahren Tocotronic auf intellektuellem Niveau reifen oder ob der Diskurspop ist zum Schlager geworden:
„Tocotronic klingen nicht nur inzwischen wie Schlager, sie lesen sich auch so: Tränen lügen nicht, sang einst Michael Holm. „Tränen können Lügen sein“, nun Dirk von Lowtzow. Das ist wahrscheinlich Ironie oder sogar Diskurs.“
Weiterführend → Ein paar Lyriktipps für Dirk von Lowtzow:
→ Poesie zählt für KUNO zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen der Kultur, dies bezeugt der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung. Um den Widerstand gegen die gepolsterte Gegenwartslyrik ein wenig anzufachen schickte Wolfgang Schlott dieses post-dadaistische Manifest. Warum Lyrik wieder in die Zeitungen gehört begründete Walther Stonet, diese Forderung hat nichts an Aktualität verloren. Lesen Sie auch Maximilian Zanders Essay über Lyrik und ein Rückblick auf den Lyrik-Katalog Bundesrepublik, sowie einen Essay über den Lyrikvermittler Theo Breuer. KUNO schätzt den minutiösen Selbstinszenierungsprozess des lyrischen Dichter-Ichs von Ulrich Bergmann in der Reihe Keine Bojen auf hoher See, nur Sterne … und Schwerkraft. Gedanken über das lyrische Schreiben. Lesen Sie ein Porträt über die interdisziplinäre Tätigkeit von Angelika Janz, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier, ein Essay fasst das transmediale Projekt „Wortspielhalle“ zusammen. Auf KUNO lesen Sie u.a. Rezensionsessays von Holger Benkel über André Schinkel, Ralph Pordzik, Friederike Mayröcker, Werner Weimar-Mazur, Peter Engstler, Birgitt Lieberwirth, Linda Vilhjálmsdóttir, und A.J. Weigoni. Lesenswert auch die Gratulation von Axel Kutsch durch Markus Peters zum 75. Geburtstag. Nicht zu vergessen eine Empfehlung der kristallklaren Lyrik von Ines Hagemeyer. Diese Betrachtungen versammeln sich in der Tradition von V.O. Stomps, dem Klassiker des Andersseins, dem Bottroper Literaturrocker „Biby“ Wintjes und Hadayatullah Hübsch, dem Urvater des Social-Beat, im KUNO-Online-Archiv. Wir empfehlen für Neulinge als Einstieg in das weite Feld der nonkonformistischen Literatur diesem Hinweis zu folgen.