Die Geschichte eines eigenbrödlerischen Fischers

Peter Grimes von Benjamin Britten ist ein düster-deprimierendes und wetterwendisches Gebilde – sowohl vom Stück als auch von der Musik her. Seine Großartigkeit liegt in der gekonnten (und von seinen Schöpfern [das Libretto stammt von Montagu Slater nach dem Poem The Borough von George Crabbe] so geglückten) Verbindung Mensch-Natur am Beispiel eines Einzelgängers, Außenseiters der Gesellschaft; Britten – eingestandner Maßen schwul – sollte ein Liedlein hiervon singen können, obgleich er und sein „Problem“ nicht annähernd mit dem seines emotional vereinsamten und fehlgehenden (Opern-Anti-)Helden zu vergleichen wäre…

Es ist die Geschichte eines eigenbrödlerischen Fischers, der den Tod von zwei ihm bei der Arbeit helfenden sowie aus einem Armenhaus stammenden Waisenjungen (angeblich) verschuldete – die ganze Wahrheit über jene Vorfälle kommt bis zum Ende der Geschichte nie heraus. Fakt bleibt jedoch, dass die „Gemeinschaft“ (= die Gemeinheit) sprich die Fischerdorfbewoner ihn schon immer irgendwie dann auf dem Kerbholz hatten, ja und warum sollte er dann ausgerechnet nicht der Mörder dieser beiden Jungen sein – – sie, die „Gemeinschaft“, mobbt den Einzelnen, der sich ihr nie und niemals unterordnen würde, und es kommt sogar zum Lynchaufruf; schließlich gibt der Gejagte auf und geht ins Meer.

Jetzt hat die Deutsche Oper Berlin eine wahrlich sehenswerte Produktion vom ENO London (Inszenierung: David Alden) von vor drei, vier Jahren übernommen; und mit Donald Runnicles am Pult gestaltete sich der Reprisen-Import auch noch zusätzlich zu einem Hörereignis ersten Grades: Neben dem grandios spielenden Haus-Orchester fuhr der Chor (Choreinstudierung: William Spaulding) absolut zur Höchstform auf!!

Christopher Ventris (Peter Grimes) und Michaela Kaune (Ellen Orford) ließen sich vom Publikum frenetisch feiern; Markus Brück(Ballstrode) ebenso.

Berührender Abend.

 

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Peter Grimes in der Londoner David-Alden-Inszenierung, die heute auch an der Deutschen Oper Berlin erlebbar ist – © English National Opera (2009) Foto: Clive Barda

PETER GRIMES (Deutsche Oper Berlin, 25.01.2013)
Musikalische Leitung: Donald Runnicles
Inszenierung: David Alden
Bühne: Paul Steinberg
Kostüme: Brigitte Reiffenstuel
Licht: Adam Silverman
Chöre: William Spaulding
Choreographie: Maxine Braham
Dramaturgie: Angelika Maidowski
Besetzung:
Peter Grimes … Christopher Ventris
Ellen Orford … Michaela Kaune
Balstrode … Markus Brück
Auntie … Rebecca de Pont Davies
Ihre Nichte … Hila Fahima
Ihre Nichte … Kim-Lillian Strebel
Bob Boles … Thomas Blondelle
Swallow … Stephen Bronk
Pastor Horace Adams … Clemens Bieber
Mrs. Sedley … Dana Beth Miller
Ned Keene … Simon Pauly
Hobson    … Albert Pesendorfer
Fischersfrau … Maja Siebenschuh
Fischer … Heiner Boßmeyer
Advokat … Aram Youn
Bürger … Hong-Kyun Oh, Holger Gerberding, Björn Struck, Aram Youn, Robert Neumann und Marek Picz
Chor und Orchester der Deutschen Oper
Berliner Premiere war am 25. Januar 2013
Weitere Termine: 9., 13., 15. 2. 2013
Eine Produktion der English National Opera (Premiere: 09.05.2009)

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KUNO dankt dem Medienpartner Kultura-extra für die Kooperation.

 

Weiterführend →

Ein Porträt des Dramatikers Andre Sokolowski finden Sie hier.

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