Steve McCurrys bekanntestes Foto ist das des Afghanischen Mädchens. In dem Flüchtlingslager Nasir Bagh gelang ihm 1984 das Portrait eines jungen Mädchens mit intensiv grünen Augen und dem löchrigen, karmesinroten Schal um den Kopf geht auch heute noch als Sinnbild des westlichen Asienbildes durch: arm, hilfsbedürftig, aber emotional. Die plakative Wirkung dieses Fotos ist so enorm, dass es im Juni 1985 auf den Titel des National Geographic kam und seitdem unzählige Male gedruckt wurde. Im Jahr 2002 konnte die Identität des Mädchens ermittelt werden. Der National Geographic hatte eine Expedition unter Teilnahme McCurrys organisiert, der es gelang Sharbat Gula zu finden.
Ich arbeite an der menschlichen Story.
An dieser Fotografie wird auch deutlich, was das Können McCurrys ausmacht: die Fähigkeit, auf den richtigen Moment zu warten, die der Fotograf, wie er gern erklärt, von seinem berühmten Vorbild Robert Capa gelernt hat. McCurry ist ein herausragender Fotoreporter. Doch in Wolfsburg werden seine Fotos unerörtert zu Kunst erklärt, dass am Ende ein ebenso pittoreskes wie anachronistisches Bild von Asien bestätigt wird, in dem die Menschen dem allgegenwärtigen Elend auch ihre fröhlichen Seiten abgewinnen. So wie der Schneider im indischen Porbandar, den McCurry 1983 aufgenommen hat, als er mit seiner uralten Pfaff–Nähmaschine in den Fluten des Monsun dahintreibt, ein zeitentrücktes Lächeln auf dem Gesicht. Da die Bundeswehr immer noch in Afghanistan stationiert ist, wäre eine andere Herangehensweise ratsam.
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Steve McCurry – Im Fluss der Zeit. Fotografien aus Asien 1980 – 2011 im Kunstmuseum Wolfsburg, noch bis zum 16. Juni 2013