Kurz vor 14.00 Uhr befinden sich noch wenige Gäste in der Rheingoldhalle, in Ruhe schlendern die Anwesenden durch die Gänge der Minipressenmesse, betrachten einzelne Stände der Kleinverlage, besonders beeindruckend zudem zahlreich vorhanden, handgefertigte Bücher mit Texten und Bildern zeitgenössischer Kunst. Ehrfürchtig stehen die Besucher davor, wagen kaum, die Werke zu öffnen, hinter edel gestalteten Einbänden verbergen sich erlesene Drucke.
Im Eingangsbereich werden Rednerpult, Mikrofon und Plakat zurechtgerückt, Kameramänner und Fotografen positionieren sich in den vorderen Reihen. Die Kulturdezernentin der Landeshauptstadt Mainz, Marianne Grosse, eröffnet die 22. Mainzer Minipressenmesse, während sich die Halle füllt. Etwa 10.000 Besucher erwartet die Messe jedes Jahr sowie über 300 Aussteller. Zum ersten Mal seit 1987 findet die Messe nicht in den Zelten am Rhein, sondern in der Rheingoldhalle statt, vor Wind und Wetter geschützt, müssen die Verleger nun nicht mehr um ihre aufwendig hergestellten Werke bangen. Vor dem Eingang befindet sich aus Nostalgie noch ein Lesezelt, das an die Zeiten am Rhein erinnern soll. Präsentatoren aus aller Welt werden willkommen geheißen, aus Sydney, Spanien, Japan, Burgund reisten Kleinverleger an, um ihre Arbeiten in Mainz zu vorzustellen. Nach einer Laudatio werden die Preise verliehen. Der mit 3500.- Euro dotierte V.O.-Stomps-Preis geht an Christian Ewald mit seiner Katzenbogen-Presse, der Förderpreis mit 1500.- Euro an die Schweizer Verleger Theo und Ursula Hurter der SchwarzHandPresse.
Auf blauer Wellpappe mit silberner Handschrift befindet sich auf 8,5 Metern das Columbus-Logbuch des Gewinners, das als Welle auseinanderfallen kann. Christian Ewald verpackt seine Arbeiten in Schachteln wie auch in anderen Gegenständen, mit denen er Räume für Bücher und damit Welten schafft. Aus dem Druckerhandwerk stammend, stellte er bereits in der ehemaligen DDR, in Weimar, mit einer Handpresse, neben dem bestehenden Buchmarkt, eigene Schriften her.
Seit 1992 publiziert der einstige Schreiner, Theo Hurter, in Zusammenarbeit mit Künstlern und Autoren originalgraphische Bücher, die vom Layout, über Druck bis zur Bindung in der SchwarzHandPresse hergestellt werden.
Nach der Preisverleihung drängen die Besucher durch die Gänge der Messe, vor den beeindruckendsten, handgebundenen Werken bilden sich Menschentrauben. Die Verlage führen anmutig ihre Kunstwerke vor, blättern behutsam, um ein Zerknicken der Seiten zu verhindern.
In Reihe D befinden sich aufwendig gearbeitete Bilder- neben Minibüchern, die wahrlich nicht in Kinderhände gehören. Originalgrafische Schriften, Unikate, Mappenwerke des Buchkünstlers Rainer Ehrt, Häuser-Miniaturen von Richard Wetzel, Bücher in Bootsform von Anja Harms und Eberhard Müller-Fries, Gemälde, Holzbücher, die Literaturzeitschrift Bella Triste sowie die Präsentationen weiterer zahlreicher Kunstverleger lassen erahnen, dass trotz aller Widrigkeiten unserer Zeit, Kunst überleben will und wird.
Weiterführend → Zum Thema Künstlerbücher finden Sie hier einen Essay sowie einen Artikel von J.C. Albers. Vertiefend auch das Kollegengespräch mit Haimo Hieronymus.
Die Künstlerbucher sind erhältlich über die Werkstattgalerie Der Bogen, Tel. 0173 7276421