Sprache ist etwas, bei alle politischen Verwerfungen und diktatorischen Transformationen, worin man sich verlieren kann.
Jan Kuhlbrodt
Der Verlag versucht uns auf dem Klappentext zu erschrecken: „Hier erhebt der sorbische Nationalismus sein dräuend Haupt.“ Bereits nach ein paar Seiten zeigt sich, Jürgen Buchmann ist mit seinem „Encheiridion Vandalicum“ ein satirisches Plädoyer für ein vom Aussterben bedrohtes Völkchen gelungen: Das Buch der Wenden. Es handelt sich um Skizzen, die von der Figur des wendischen Bauern Hanzo getragen werden, der seinerseits nicht ganz zufällig an die Geschichten vom Herrn Keuner erinnern. Diese Anekdoten sind ebenso bitterböse wie liebevoll, komisch und mit Melancholie gesättigt. Der Titel ist eine literarische Anspielung, eine, wie Buchmann sie schätzt, das er sich als Schriftsteller vehement für bedrohte Sprachen und Kulturen engagiert. Davon gibt es auch in Europa einige. Und die sind zwar zumeist durch allerlei Gesetze und politische Statements geschützt – werden aber trotzdem immer wieder bedroht von den mählich mahlenden Mühlen der Finanzpolitik. Mit dem Titel spielt Buchmann auf ein echtes Werk der sorbischen (National-)Literatur an. Früher, da gingen die neuen Herrscher mit Schwert und Flamme gegen die unbotmäßigen Minderheiten vor. In Ortsnamen in Sachsen ist noch lebendig, wie sehr diese Landschaft bis zur Christianisierung und der staatlichen Einordnung in das deutsche Herrschaftsgebiet von den sorbischen Stämmen geprägt war.
Salderatzen, Tolstefanz, Waddeweitz
„Salderatzen, Tolstefanz, Waddeweitz“ So heißen Dörfer im Wendland, sie haben den Autor von Kinheit an fasziniert. Die Umschlagillustration von Sabrina Hansmann zeigt einen Schaufelradbagger vor Dorfkulisse. Damit ist schon das ganze Dilemma der sorbischen Minderheit in Sachsen erklärt: Ihre Sprache verliert an Boden. Buchmann schildert die Sorben, ihre Probleme mit der Fremdverwaltung und ihre Kultur. Mal verteidigt der ´Beute-Sorbe´ die Lausitzer gegen die allgegenwärtige Gefahr der Nivellierung, mal stimmt er seinen Schwanengesang an. Die Sorben sind ein Stachel im Fleisch der Vorurteile und mehrheitlichen Bräsigkeiten. Buchmanns satirischer Weg des Kampfes für die sorbische Sprache und Identität ist so lebendig, man möchte glatt den Weg zum Schalter machen und eine Bahnkarte in diese Gegend lösen.
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Encheiridion Vandalicum oder Das Buch von den Wenden, von Jürgen Buchmann. 76 Seiten, Broschur. Reinecke & Voß, Leipzig 2012. 10,00 Euro
Eine Rezension zu Lüneburger Trilogie von Jürgen Buchmann hat Jan Kuhlbrodt geschrieben.