Literatur und Engagement

Wie sehr darf Literatur sich politisch engagieren, ohne ihren ästhetischen Anspruch zu gefährden? Muss Literatur sich überhaupt engagieren und wenn ja, wie? Immer wieder neu sind diese Fragen gestellt worden, und immer wieder neu wurden sie unterschiedlich beantwortet.

Auf einer am 24. April 1959 veranstalteten Autorenkonferenz des Mitteldeutschen Verlages im VEB Chemiekombinat Bitterfeld sollte geklärt werden, wie den Werktätigen ein aktiver Zugang zu Kunst und Kultur ermöglicht werden kann. Die „vorhandene Trennung von Kunst und Leben“ und die „Entfremdung zwischen Künstler und Volk“ sollte überwunden werden. Dazu sollten Künstler und Schriftsteller Arbeiter bei deren eigener künstlerischer Tätigkeit unterstützen.

Dieser so genannte Bitterfelder Weg sollte den Weg zu einer eigenständigen „sozialistischen Nationalkultur“ weisen und hatte den Auftrag der Künstler, den Dichter im Kumpel zu wecken. Erfunden hatte die Losung der Schriftsteller Werner Bräunig, der es so formulierte:

Greif zur Feder, Kumpel, die sozialistische Nationalliteratur braucht Dich!

In seinem Aufruf, den Bräunig gemeinsam mit Jan Koplowitz verfasste, war es so formuliert:

Schreiben ist wie Bergmannsarbeit. Tief in die Stollen des Lebens eindringen muss der Schriftsteller […] Im sozialistischen Staat werden die schöpferischen Kräfte des Volkes, die unter den Bedingungen der kapitalistischen Ausbeutung verkümmern mussten und von der herrschenden Klasse unterdrückt oder abgelenkt wurden, gepflegt und gefördert. […] Greif zur Feder, Kumpel! […] Schöpfe aus der Fülle deiner Umwelt, deines Lebens.

Alexander Konrad und Enno Stahl diskutieren mit Norbert Niemann und Erasmus Schöfer darüber, ob Schriftstellerinnen und Schriftsteller in ihrem politischen Engagement und Bewusstsein zwischen ihrer Person und ihrer Literatur trennen können oder sollten.

Erasmus Schöfer, Schriftsteller, im Literaturhaus Köln (15. Juni 2008)

Niemann (geb. 1961), Bachmannpreisgewinner von 1997, hat in zahlreichen Essays auf aktuelle politische Problemlagen und Ereignisse reagiert. Erasmus Schöfer (geb. 1931), Ostermarschierer, Aktivist in den Studentenunruhen  von 1968, Mitbegründer des „Werkkreis Literatur der Arbeit“, ist Zeit seines Lebens nicht nur ein politisch handelnder Mensch gewesen, sondern hat auch als Schriftsteller versucht, unmittelbar einzugreifen in den politisch-gesellschaftlichen Diskurs, zuletzt insbesondere durch seine Romantetralogie „Die Kinder des Sisyphos“, der die Entwicklung der Linken von der APO-Zeit bis in die Neunziger Jahre dokumentiert. Außerdem werden die Autoren aktuelle Texte zum Thema präsentieren.

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Heute ab 20.30h: LCD – Literatur und Engagement
Salon des Amateurs, Grabbeplatz 4, 40213 Düsseldorf
Mit Norbert Niemann und Erasmus Schöfer
Moderation: Alexander Konrad und Enno Stahl
Eintritt: 5 EUR

Siehe auch das historische Dokument auf KUNO.

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