HELs Graphik ereignet sich oft zwischen den Zeilen oder den Texten und auf den Briefum-schlägen, manchmal in malerischer Harmonie mit Tee- und Kaffeeflecken. Die „Bildjes“ oder Strichinen sind oft winzig und werden wie die größeren grob mit der Schere zurechtgeschnitten oder einfach ausgerissen und gefaltet. Herbert Laschet zeichnet mit Kugelschreiber oder Bleistift, er benutzt teils grafische Vorlagen und die Effekte des Typoskripts.
In diesem KritzHel-Heft sind die kleinen Bildjes meist vergrößert wiedergegeben, die großen dagegen etwas verkleinert. Ich zeige hier eine Auswahl seiner besten grafischen Einfälle. Die Schachtel mit den ungerahmten grafischen Papierfetzen enthielt etwa doppelt so viel. Ich kann mit Fug und Recht sagen, dass der Leser mit diesem Heft HELs wesentliche (noch existierende) Grafiken in der Hand hält; weitere findet er in den Ausgaben seiner unregelmäßig erschienenen Anthologien ZIRKULAR DER VERRÄTER.
In HELS Briefen findet sich Weiteres. Hier trifft der Leser immer wieder auf die strichige Spinne, die den Lebensfaden und das Netz des Textes spinnt, der den Leser einfangen soll. Blättern wir die Seiten um, so geraten wir in ein neues Netz – mit oder ohne Spinne, mit oder ohne Sonnengott.
Kauzige Strichmänneken, comicale Tiere, sehr maskuline und feminine Akte, üppige Körper; humorig philosophelnde Linien-bildjes, Sprechblasen, Verse … Ich gab den meisten einen Titel mit, der jedoch nie Anspruch auf sichere Deutung erhebt. „Finale“ und „Fin“ (eine Auswahl aus 23 Comics) sehe ich als den totalen Kampf zweier Menschen oder Ideen. Vieles will nur Spiel sein. Dem habe ich hin und wieder einfach einen Sinn verpasst („ein nachdenkliches Huhn“ und „Luigi Malerba“). Der Betrachter wird schon klar kommen – auch ohne meine Kommentare. Ich habe nicht ganz unsystematisch auf Systematik in der Abfolge der Bilder und Texte verzichtet. Die endgültige Würdigung des graphischen und poetischen Werks bleibt späteren Generationen vorbehalten. Der kritischen Ausgabe geht stets eine noch kritischere voran – genau dies zu leisten ist meine Absicht.
Und so sage ich heute – während HELs Werkprozess ja noch andauert – mit aller Vorsicht nur dies: Der Kritzler, Strichler, Papierausreißer, Tuscher und Zeichner malt oft so, wie er als Strophiker seine Versjes schreibt: Grotesk, vieldeutig, bezüglich, lustig und lustvoll, tragikomisch und angstlos, vokabularistisch, fragmentariell und enzyklopädagogisch, polystilistisch, manisch und manntastisch – summa summarum: poeta & pictor ludens.
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KritzHEL, Damonte-Verlag 2013
Weiterführend →
Eine Würdigung von HEL findet sich hier. Eine faszinierend langer Briefwechsel zwischen Ulrich Bergmann und HEL findet sich hier. Eine Hörprobe des Autors findet sich auf MetaPhon.