in der tiefsten imagination erscheinen dem dichter sogar die poetischen worte als bloße hilfsmittel, schemenhafte abdrücke des unfaßbaren und damit unsagbaren, wie wenn das schweigen die eigentliche form der poesie wäre. er gleicht dann einem übersetzer, übersetzen bedeutet ja an ein gegenüber liegendes oder jenseitiges ufer zu gelangen, der sich bild für bild und schicht um schicht dem original nähert, das hier das eigene ist. auf der schwelle und im abgrund solcher zwischenreiche, die entrücken und entgrenzen, entsteht poesie, eben weil sie unentstehbar scheint.
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Der in der Schwebe gelassene Sinn, die Produktion von Ambiguität – was für Roland Barthes Brecht im Theater geleistet hat, indem er die Sinnfrage zwischen Bühne und Zuschauerraum neu verteilte – findet sich in der Kunstform der Twitteratur wieder. KUNO stellte drei Protagonisten dieser Literaturgattung näher vor.
Gedanken, die um Ecken biegen, Aphorismen von Holger Benkel, Edition Das Labor, Mülheim 2013
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• Ein Porträt von Holger Benkel lesen Sie hier. Einen Hinweis auf die in der Edition Das Labor erschienen Essays finden Sie hier. Auf KUNO porträtierte Holger Benkel die Brüder Grimm, Ulrich Bergmann, A.J. Weigoni, Uwe Albert, André Schinkel, Birgitt Lieberwirth und Sabine Kunz.