Mein Klassiker: The Fall – Big New Prince

 

Ein Klassiker ist ein Klassiker vornehmlich deswegen, weil er/sie/es in besonderer Weise ästhetische Standards, Erkenntnisse, historische Phasen und Debatten, aber auch Stile, Trends und Zeitgeistereignisse (ab)prägt, gestaltet und damit zuletzt auch für zukünftige Zeiten bewahrt.

Für meinen Klassiker gilt das unbeschränkt. Ein Klassiker ist mein Klassiker nicht etwa, weil ich ihn schon allzu lange kennen würde, auch wenn mein Klassiker in alte Zeiten zurückreicht. Als Ausschnitt einer englischen Fernsehsendung musste es erst die neue Medienwelt geben, dass ich überhaupt seiner ansichtig wurde. Auch ist es für mich nicht das wichtigste Stück von The Fall, das in diesem Video gespielt wird.

Was dieses Video aber außergewöhnlich macht, ist das Ensemble aus Bild und Musik (was ein Video ja auch leisten soll). Ein klinisch weißer Bühnenraum, die Band – für die damalige Zeit eher ungewöhnlich – mit Frauen und Männern gemischt besetzt, vor allem Mark E. und Brix E. Smiths stechen mit ihren intensiven Farben deutlich heraus, das Ganze atmet eine Coolness, die für die Achtziger Jahre überaus repräsentativ ist. Mark E. Smith, der seine Phrasen herausschnaubt, als seien es Schmähungen (und so sind sie ja auch gemeint), Brix, die auf eine seltsam leidenschaftliche Art agiert, die dem Coolness-Faktor eigentlich entgegenzuwirken scheint … was aber nicht der Fall ist, so kommentiert der Nutzer The Drone Website (Feb 25, 2010) nicht ganz zu Unrecht, „Brix looks like a porno actress in this, but in a very cool way“ – das ist zwar irgendwie unlogisch, „porn actress … in a very cool way“ (was auch von anderen Nutzern kritisiert wird), aber die Assoziation liegt dennoch nahe. Brix verleiht dem Bild wie dem Beat eine vorwärts treibende, ja sexuelle Kraft, das alles ist nur so cool, weil es eben nicht NUR cool ist, sondern ein heißes Herz wohnt darin, das Ganze ein perfekter Plot für die Zeit, in der dieses Video erschien. Damals war nur die Oberfläche kühl, dagegen ist heute selbst die Leidenschaft lau.

 

 

 

Weiterführend → 

Meine erste Schallplatte: „Heart of glass“ von Blondie, vorgestellt von Martina Haimerl. Life circles at 33rpm!, postulierte Mischa Kuball. Wer sich hinter „Mister B“ verbirgt, beschreibt Christine Kappe. Ergänzen ein Artikel zum Kassettenuntergrund. »Don Juan« von Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick and Tich, vorgestellt von Joachim Feldmann. Eine Reise ins Glück von den Lilians, vorgestellt von Ju Sophie Kerschbaumer. „This charming man“ von den Smiths vorgestellt von Haimo Hieronymus. The Fall – Big New Prince vorgestellt von Enno Stahl. Dschäääzz!!!, gehört von Eva Kurowski. Helge Schneider ist wahrscheinlich der bislang einzige Solo-Künstler, der gleich mit seiner ersten Platte den Titel Seine größten Erfolge gab. Begleitet wurde er bei den Aufnahmen durch Tonmeister Tom Täger im Tonstudio an der Ruhr. Meine ersten drei Platten, vorgestellt von Marcus Baltzer. Meine Musik, vorgestellt von Ulrich Bergmann. Mit etwas Verspätung erschien Pia Lunds zweites Solo-Album Gift. Smile war für A.J. Weigoni ein Versprechen. Eine Generation später wurde es eingelöst. Selbstverständlich auf Vinyl. Und in Mono. Eine Wiederveröffentlichung der Neu!-Studioalben ist auf dem Label Grönland erschienen. in 1999 ging KUNO der Frage Label oder available? nach. Einen Remix zu basteln ist in der Popmusik gang und gebe. Stephan Flommersfeld hat das Selbe mit der “Letternmusik” gemacht. „Wenn es Videoclips gibt, muss auch die Literatur auf die veränderten medialen Verhältnisse reagieren.“, postulierte A.J. Weigoni 1991 und erfand mit Frank Michaelis das Hörbuch. Erweiternd zum Medium der Compact Disc auch der Essay Press/Play.