Artliteraten · Revisited

Alphabetikon ist ein Neologismus aus dem Ikon, dem Bild, und dem Alphabet, unserem ABC.

Im Januar war in der Werkstattgalerie Der Bogen die Ausstellung Alphabetikon zu sehen. Seit September 2012 arbeitete Hieronymus an der neuen Serie, bei der Schriftzüge collageartig auf Bildfragmente stoßen, sodass Farben spritzen und fließen. Dabei ist das Durchbuchstabieren des Alphabets mit Bildern Programm: Der Neheimer Künstler verlässt die eher düsteren Enkaustikarbeiten der vergangenen Jahre und wendet sich dem poppig Bunten zu. Er hinterfragt mit gemalten Zitaten aus der Populärkultur unsere Wahrnehmungsweisen in einer modernen Welt, die von schnelllebigen Reizen, Massenmedien und digitalen Pop-Up Fenstern diktiert wird. Alphabetikon ist ein Neologismus aus dem Ikon, dem Bild, und dem Alphabet, unserem ABC. Bild und Text gehen hier ganz offensichtlich eine Verbindung ein, die nicht zu trennen ist. Aus der Mischung wird eine Legierung. Dadurch erhalten beide Seiten neue Eigenschaften, die uns eben auch neue Gedanken ermöglichen. Haimo Hieronymus hat sich die Frage gestellt, in welcher Weise Wörter unsere Wahrnehmung beeinflussen. In den Jahren vorher hat er vor allem Bilder gemacht, die mit hunderten von Skizzen vorbereitet worden waren. Nun hat sich Haimo Hieronymus mir Wörter vorgenommen und gewartet, was sie in ihm erzeugen. Manchmal hat er eine Skizze gemacht, aber die Bilder kamen von allein. Nicht mehr die Suche stand im Mittelpunkt, sondern das Finden. Jedes Wort hat mehrere Bedeutungen und ist semantisch oft fragwürdig. Wenn Hieronymus einen Begriff wie Venus schreibt, dann entstehen vor dem inneren Auge direkt ganze Beziehungsstrukturen. Von Schönheit, von Renaissance, von Antike, von Frauen, von Erotik. Auch das Somnambule wird für ihn schnell auftauchen. So habe er eben alle 26 Buchstaben ganz unsystematisch durchexerziert. Bild und Text gehen hier ganz offensichtlich eine Verbindung ein, die nicht zu trennen ist. Aus der Mischung wird eine Legierung. Dadurch erhalten beide Seiten neue Eigenschaften, die uns eben auch neue Gedanken ermöglichen. Haimo Hieronymus hat sich die Frage gestellt, in welcher Weise Wörter unsere Wahrnehmung beeinflussen. In den Jahren vorher hat er vor allem Bilder gemacht, die mit hunderten von Skizzen vorbereitet worden waren. Nun habe er sich Wörter vorgenommen und gewartet, was sie in ihm erzeugen. Manchmal hat er sich eine Skizze gemacht, aber die Bilder kamen von allein. Nicht mehr die Suche stand im Mittelpunkt, sondern das Finden. Jedes Wort hat mehrere Bedeutungen und ist semantisch oft fragwürdig.

Ein ähnliches Konzept verfolgte das Projekt Gezeitengespräch. Hier ein Auszug:

Zeitnah (hier): Die Löcher sehen lernen. Wenn man das als Sinn der Betrachtung findet, kommt man der Kunst schon näher. Dort zur Erkenntnis kommen, wo die anderen nicht sehen. Eine Antwort auf das Vergangene vielleicht. Wie hieß es in der Werbung noch gleich? Löcher mit Geschmack drumherum. Eben nicht das Erfinden, sondern Finden. Hier und jetzt und einen Blick durch die Aussparung zu dem Gewesenen wie Zukünftigen gleichzeitig. Den Berg an Zetteln und Notizen durchsehen und die Quintessenz des Lebens darin lesen. Wo die Anderen Unfug vermuten, die Fügung entdecken und niemals in dem Gemachten, dem zu Machenden im Gleichen verharren, das nämlich wäre dekorative Langeweile. Dekoration und Hübschismus im Detail.

Die zitierte Passage dokumentiert, Haimo Hieronymus und Karl Hosse führen auf Augenhöhe über den großen Altersunterschied hinweg mit großem Respekt eine mäandernde Unterhaltung. Da findet sich jedoch nicht Kryptisches oder gar Labyrinthisches, alles ist offengelegt. Einfache Gedanken in einfacher Sprache. Vom Hölzchen aufs Stöckchen springen sie, ohne auch nur ein Fettnäpfchen auszulassen oder zuweilen in den Sumpf des Banalen abzurutschen. Fast ein Jahr lang haben sie sich hierzu handschriftlich in einem Buch getroffen, welches in Karl Hosses Atelier öffentlich auslag. Haben aufeinander reagiert, aneinander vorbei argumentiert und lesbar Freude am Spiel gehabt. Natürlich verzetteln sie sich ganz bewusst und lustvoll. Sie sprechen über Vergangenheit, Wahrnehmung, Kunst und alles, was zum Leben gehört, Nebensächlichkeiten und Liebe, Tod, Zweifel, die Lust am Leben wie Leiden. Das Originalmanuskript wurde ohne grundlegende Veränderungen direkt übernommen, lediglich auf Interpunktion und Orthografie überarbeitet. So ergibt sich ein sehr direkter Eindruck in das jeweilige Denken und immer wieder können die augenzwinkernden Gedankensprünge in Sackgassen führen, ohne dass dies unangenehm wird. Denn glücklicherweise wissen sie im entscheidenden Moment immer, wo der Rückwärtsgang liegt, dass man nicht unbedingt ungebremst jede Mauer rammen muss.

 

 

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Buchvorstellung mit den Autoren am 23. Dezember ab 20.00 Uhr in der Werkstattgalerie Der Bogen, Möhnestr. 58 in 59757 Arnsberg, Neheim

Gezeitengespräch von Haimo Hieronymus und Karl Hosse in der Edition Das Labor, Neheim 2014

Alphabetikon von Haimo Hieronymus  in der Edition Das Labor, Neheim 2014

Weiterführend

Vertiefend zu ‚Alphabetikon‘ lesen Sie bitte das Kollegengespräch mit Haimo Hieronymus. Zum Thema Künstlerbucher lesen Sie bitte auch den Artikel von J.C. Albers. Eine limitierte Auflage des Hörbuchs Prægnarien von 50 Exemplaren ist versehen mit einer Originalgraphik von Haimo Hieronymus. Edition Das Labor, Mühleim an der Ruhr 2013

Bestellung des Hörbuchs über: info@tonstudio-an-der-ruhr.de

Bilder der Prægnarien-Performance von Philipp Bracht und A.J. Weigoni sind hier zu sehen. Probehören kann man diese Live-Aufnahme auf MetaPhon. Ein Video von Frank Michaelis und A.J. Weigoni hier. Bewegte Bilder unter und eben: HIER.

Die Aufnahmen sind in HiFi-Stereo-Qualität erhältlich über: info@tonstudio-an-der-ruhr.de