Weigoni und Täger spüren der Sprache vor allem als akustischem Phänomen nach.
(Dr. Christiane Schlüter, Buecher-Wiki)
Das Projekt Wortspielhalle wurde unlängst mit dem Förderpreis des lime_lab im Rahmen des „steirischen herbst“ unterstützt. Dieser Preis fördert die Entwicklung experimenteller, medienüberschreitender Hörspiele. Es ist folgerichtig, dass es eine akustische Umsetzung der Sprechpartitur gibt. Der mit einer professionell ausgebildeten Sprechstimme A.J. Weigoni arbeitete dafür mit der Schauspielerin Marion Haberstroh zusammen. Mit einem sprachspielerischen Angang zur Lyrik eröffnen der Sprechsteller und die Schauspielerin der Poesie eine neue Handlungsfreiheit. In einem zweckfreien Spiel über Zufälle und Möglichkeiten erforschen sie die ludische Wende, die durch die Dominanz von Spielanwendungen auf dem Computer gekennzeichnet ist. Ihr Spiel mit der Sprache verändern die Elemente einer Situation so zu, daß Neues und Unbekanntes entsteht.
Die Schauspielerin Marion Haberstroh gibt der Sprache den Wohlklang zurück.
Ihr Ziel ist es, die menschliche Stimme als ein universelles Instrument zu präsentieren und dem Geschmack der Worte auf die Spur zu kommen. Sie kam von der Bühne und fand im Hörspiel ihre Bestimmung, um mit ihrer Stimme die vielfältigen Stimmungsmöglichkeiten auszuloten. Seit dieser Zeit ist sie auf dem Weg ihre eigene Stimme zu entdecken, immer weiter und weiter, soweit, das sie die Räume in sich bis zum Grunde des Meeres und fast zur Spitze des Universums mit Atem und Stimme füllen kann. Das geschriebene Wort erkennt sie in seiner Struktur der Lautfolge. Sie ertastet die Worte mit der Zunge und lauscht ihrem Klang, der Hörer ist auf alles gefasst und erweitert damit seinen inneren Horizont. Jeder Laut möchte ausgesprochen werden und durch die Verbindungen entsteht die Magie der Semantik. Sie braucht nicht zu denken sondern nur den Lauten zu folgen, voller Respekt und schon ist eine Geschichte erzählt und im Geist des Zuhörers entstehen die Bilder.
In Aufnahme und Schnitt von Tonmeister Täger vermeint man etwas seltenes zu vernehmen: Ein Kunstwerk, das atmet. Man hört in der Wortspielhalle einen hochkulturaffinen Kunstwillen, der unüberhörbar in dieser Sprechpartitur steckt, aber eben auch eine Verspieltheit, die sich aus bunter Alltagskultur, aus Comics und Filmzitaten speist. Auf wundersame Weise paßt alles zusammen, rhythmisch wie atmosphärisch. Hier findet keine experimentelle Textzertrümmerung statt, diese Poesie spiegelt eine fragmentarische Gesellschaft, diese Artisten öffnen den Blick auf die Gegenwart. Nicht nur die Literatur bedarf der Befreiung durch den Sprachwitz, mehr noch der Hörer. Und manchmal steckt eine solche Subversion in einem Diminutiv, gelegentlich in einem dialektalen Wispern. Auch wenn es zwitschert und zirpt, man hört nie einen Eklektizismus heraus. Aus Fragmenten haben Weigoni und Haberstroh ein kohärentes Ganzes geschaffen, getragen von Rhythmen, die einen ganz eigenen Sog entwickeln. Alles erscheint stringent an diesem in seiner Poesie großartig schillernden Projekt.
Indem sich die Hörspielinszenierung in ihrer luziden Schlichtheit zeitgenössischen Modespielereien verweigert, ist sie hörenswert.
Das Projekt Wortspielhalle wurde mit dem lime_lab ausgezeichnet. Vertiefend zur Lektüre empfohlen sei auch das Kollegengespräch
:2= Verweisungszeichen zur Twitteratur von Reyer und Weigoni zum Projekt Wortspielhalle.
Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. Ein Porträt von A.J. Weigoni findet sich hier.