In Würde gealtert

 

… Ein Zustand materieller Synchronizität. Jetzt, da die technologische Ideologie nicht mehr trägt, ist die Moderne zu einer ästethischen Zufallsbox geworden. Jeder greife hinein & bediene sich. Die Unwahrscheinlichkeiten ihrer Vorgriffe haben sich entropisch dissimiliert. Unter umgekehrten zeitlichen Vorzeichen aufgetragen, könnten sie den Mutigen veranlassen, sich in eine mythische Bildhaftigkeit ohne Dogmen & Systeme vorzuwagen.

Jürgen Ploog

 

Jürgen Ploog feiert seinen 80. Geburtstag. Er kann somit als Überlebender der Beat-Generation bezeichnet werden. Herausragendes Beispiel für Ploogs frühe Schaffensphase ist sein Debütroman, Cola-Hinterland, 1969 im Darmstädter Melzer Verlag erschienen. Die Cut-up-Methode wird hier konsequent angewendet. Das Resultat ist ein stark fragmentierter und offener Text, dessen kausal-chronologische Bezüge weitgehend aufgelöst sind. Skizzenhaft entsteht ein Universum, das Cola-Hinterland, dessen Bewohner durch die verschiedensten Kommunikationsmedien und -kanäle kontrolliert und manipuliert werden. Zwänge, oftmals sexueller Natur, in grotesk-obszönen Szenen exerziert, sind die Folge der medialen Überwachung. Der Text insgesamt wird als Logbuch einer Raumfahrerfigur präsentiert, die als Forschungsreisender durch fremde Welten driftet. Dieser Rahmen legt nahe, Cola-Hinterland auch als Aufzeichnungen einer inneren Reise zu verstehen. Sie hat das Ziel, Bewusstsein unter massenmedialem Bombardement auszuloten. Die Diagnose ist finster: Persönliche Freiheit erscheint unter den medialen Gegebenheiten kaum noch möglich.

1973 gründete er zusammen mit Jörg Fauser und Carl Weissner die Literaturzeitschrift „Gasolin 23“.

KUNO beeindrucken vor allem seine Essays. Sie  kreisen weitestgehend um Literatur und seine Tätigkeit als Schreiber, wie er sich selbst bezeichnet. So nähert sich Ploog in Strassen des Zufalls (1983) dem amerikanischen Schriftsteller William S. Burroughs, der immensen Einfluss auf sein Werk ausübte. In Rückkehr ins Coca & Cola Hinterland (1995) legt Ploog Rechenschaft über das eigene Schreiben ab, das er als Erkundungen eines „Raums hinter den Worten“ begreift. Dahinter stehen Bemühungen um die Erweiterung der sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten, denen er ausgehend von der Formel Sprache=Bewusstsein auch eine Expansion der geistigen Fähigkeiten zuschreibt. Auf unserem Schreibtisch liegt Simulatives Schreiben zur Wiedervorlage.

 

 

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Simulatives Schreiben, ein Essay von Jürgen Ploog, Ostheim/Rhön, Verlag Peter Engstler, 2008. 49 Seiten mit Abbildungen. Kartoniert.

Weiterführend →

Zur Gattung Essay lesen sie hier eine KUNO-Analyse.

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