Das kleine Ding ist in Wahrheit ein Schatz für jemand, der Gedichte schreibt.
Jan Wagner
Literaturpreise sollten eigentlich rein nach Kriterien ästhetischer Qualität vergeben werden, dies ist eine notwendige Fiktion, die jede Jury aufrechterhalten muss. Die Urteilsfindung kommentierte KUNO. Und doch ist es eine sehr gute Entscheidung, den Preis der Leipziger Buchmesse dem Lyriker Janz Wagner zu überreichen, ist eine starkes Ansage für eine Textgattung, die selten im Rampenlicht steht und in den Verlagsprogrammen ein bescheidenens Dasein fristet. Nach seiner Ernennung gab er sich im Interview mit dem Deutschlandradio beschieden:
Ich bin sehr überrascht und war auch schon überrascht, als das Buch auf der Liste der Nominierten erschien. Und für mich war die Nominierung tatsächlich schon der Preis, muss ich sagen, schon der Gewinn. Und ich bin umso überraschter, dass es jetzt tatsächlich auch für den Preis gereicht hat, und werde eine Weile brauchen, um das zu verarbeiten. Für mich war immer das Schöne daran, dass die Lyrik überhaupt auf die Liste findet, denn es ist so, dass es im deutschsprachigen Raum seit Jahren eine sehr vielfältige und aufregende, gerade jüngere Lyrik-Szene gibt. Und meine Hoffnung war schon bei der Nominierung, dass vielleicht ein paar Vorurteile abgebaut werden können, dass ein bisschen mehr Licht fällt auf diesen Reichtum, der da ist und den man als Leser eigentlich nur aufheben muss und aufschlagen muss. Wenn jetzt durch den Preis selbst noch ein bisschen mehr Licht darauf fällt, wäre das natürlich großartig.
Sein Elfenbeinturm ist der Garten. Mit seiner verdichteten Wirklichkeitsbetrachtung versucht Wagner zu schneiden und zu bändigen, die eine gewöhnliche Unkrautpflanze Giersch wächst, wie es ihm gefällt, und überwuchert bald den ganzen Garten. Dieses Auftaktgedicht kommt als klassisches Sonett daher, eine Form, die traditionell die harmonische Versöhnung des vermeintlich Gegensätzlichen vollführt. So ist es kein Zufall, dass die Mehrzahl der Gedichte der Regentonnenvariationen Naturgedichte sind. Und darauf kann sich jede Jury einigen.
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Regentonnenvariationen, Gedichte von Jan Wagner. Hanser Berlin, Berlin 2014