Die Behörde

 

Korf erhält vom Polizeibüro

ein geharnischt Formular,

wer er sei und wie und wo.

 

Welchen Orts er bis anheute war,

welchen Stands und überhaupt,

wo geboren, Tag und Jahr.

 

Ob ihm überhaupt erlaubt,

hier zu leben und zu welchem Zweck,

wieviel Geld er hat und was er glaubt.

 

Umgekehrten Falls man ihn vom Fleck

in Arrest verführen würde, und

drunter steht: Borowsky, Heck.

 

Korf erwidert darauf kurz und rund:

„Einer hohen Direktion

stellt sich, laut persönlichem Befund,

 

untig angefertigte Person

als nichtexistent im Eigen-Sinn

bürgerlicher Konvention

 

vor und aus und zeichnet, wennschonhin

mitbedauernd nebigen Betreff,

Korf. (An die Bezirksbehörde in –.)“

 

Staunend liest’s der anbetroffne Chef.

 

 

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Galgenlieder, von Christian Morgenstern. Erschienen im Verlag Bruno Cassirer. Berlin 1905

Zum 100. Todestag stellten die Münchner Germanisten Markus May und Waldemar Fromm am 25. Oktober 2014 im Lyrik Kabinett in München neuere Ergebnisse der Morgensternforschung vor, insbesondere über die Vorläuferrolle Morgensterns für die großen Humoristen des 20. Jahrhunderts wie Robert Gernhardt und Ernst Jandl. Was ihre „Bürokratie-Kritik“ anbelangt, so Fromm, seien Franz Kafka und Morgenstern Brüder im Geiste: „Morgenstern baut bereits vor-kafkaeske Welten, um die Absurdität eines verwalteten Lebens zu zeigen.“

Weiterführend → Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.