Es empfiehlt sich, Gedichte von Günter Grass erst mit den Augen und dann mit dem Schraubenzieher zu lesen. Sie ähneln Ikea-Regalen. Auf dem Papier sieht alles ganz einfach aus, aber wenn man das fertige Werk erst einmal auseinander genommen hat, kriegt man es einfach nicht mehr zusammen.
Frank Schirmacher
Heute erscheint beim Steidl-Verlag das Buch Vonne Endlichkait, ein Band mit Texten von Günter Grass in dem er sozusagen seinen eigenen Nachruf „fertiggestellt und durchkonzipiert“ verfaß hat. Es geht um „Eigengeräusche“, Fragen des Alters: „Wie lange noch?“, „Warum überhaupt?“, und um die Saft-, Kraft- und Schlaflosigkeit, den Frust darüber, dass „ihm weder gestrichelte Bilder noch gereihte Wörter von der Hand gingen“. Wir lesen in der Ankündigung des Verlags:
„Allen Zumutungen des Alterns und der »Endlichkait« zum Trotz, plötzlich erscheint erneut fast alles möglich: Liebesbriefe, Selbstgespräche, Eifersuchtsdramen, Schwanengesänge, Gesellschaftssatiren und Augenblicke des Glücks drängen aufs Papier. Plötzlich findet rhythmisierte Kurzprosa ein vielstimmiges Echo in episch wuchernden oder pointiert zugespitzten Gedichten. Plötzlich entstehen sinnenfrohe Doppelstücke, die vom Zeichner ins Bild gesetzt, weitererzählt oder auf den Doppelpunkt gebracht werden.“
Peter Wawerzinek hat für die Welt die letzten Gedichte von Grass „vorausschauend niedergeschrieben“. Ein Fall von metafiktionaler Gedankenübertragung, halb Hommage, halb Parodie. Hier eine Kostprobe:
Letzte Weisheit
Mit Willi Brandt, Amundsen
und Scott habe ich eins gemein:
Wir brachen auf zu den Polen.
Weiterführend →
Lesen Sie auch den Essay Verabschiedung der Gebißträger.