im Jardin des Plantes, Paris
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf –. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille –
und hört im Herzen auf zu sein.
***
Der Untertitel Im Jardin des Plantes, Paris verweist auf den Ursprungsort des Panthers. In diesem botanischen Garten wurden auch exotische Tiere gezeigt, darunter ein schwarzer Panther in einem Käfig. Das Gedicht ging sicherlich von Beobachtungen im Jardin des Plantes aus; im Panther setzte Rilke erstmals seine angestrebte Dingbeschreibung, hier eines Tieres, um. Eine weitere Inspirationsquelle war der Gipsabdruck eines Panthers in Auguste Rodins Atelier, worüber Rilke in einem Brief 1902 an seine Frau berichtet.
Weiterführend → Lesen Sie auch den Essay von Rainer Maria Rilke auf KUNO über Moderne Lyrik.
→ Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.