Schlange, sage ich, ich werde immer schwieriger. … – Das ist nicht gut, sagt Schlange, deine Leichtigkeit war das Fundament unserer Liebe. – Schlange, du definierst dich doch nicht über mich! – Nein nein, sagt Schlange, ich definier mich schon selbst! Aber damit definier ich dich natürlich auch. Wenn du nun schwieriger wirst, bringst du die Gewichte durcheinander, du definierst mich um, ob ich will oder nicht. Darauf muss ich doch antworten. – Vielleicht wirst du ja nicht schwieriger, sondern leichter, sage ich. – Das wäre ein Wunder, sagt Schlange, du kannst so schwierig werden, wie du willst, wirklich leichter werde ich dadurch nicht. – Gut, sage ich, wir definieren uns gegenseitig. – Ja, sagt Schlange, wir müssen uns vertragen. – Wie meinst du das?, sage ich. – Die Fundamente!, sagt Schlange, wirf den Ballast ab! Wenn du gegen meinen Willen so schwer wirst, werde ich zu leicht.
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Schlangegeschichten von Ulrich Bergmann, Kulturnotizen 2016
In den Schlangegeschichten wird die Dialektik der Liebenden dekliniert. Ulrich Bergmann schrieb mit dieser Prosafolge eine Kritik der taktischen Vernunft, sie steht in der Tradition der Kalendergeschichten Johann Peter Hebels und zeigt die Sinnlichkeit der Unvernunft, belehrt jedoch nicht. Das Absurde und Paradoxe unseres Lebens wird in Bildern reflektiert, die uns mit ihren Schlußpointen zum Lachen bringen, das oft im Halse stecken bleibt.
Eine Einführung in die Schlangegeschichten von Ulrich Bergmann finden Sie hier.