Ein Hohltaubenmann rief, aber sein Weibchen kam nicht. Es hatte den Winter nicht überstanden und lag mit gebreiteten Flügeln abseits im Gesträuch. Aber das Männchen wollte das nicht wahrhaben und rief und rief. So blind vor Verleugnung und Bezweiflung war der Mann, daß er nicht sah, daß längst ein fast ausgefärbtes Hohltaubenmädchen immer ganz in der Nähe seines Asts saß, ihn bei seiner Hartnäckigkeit bewunderte und sich vom ersten Ruf an in sein lockendes Lied verliebt hatte, weswegen der jungen Taube bei jedem Laut seines Gurrens das kleine Herz unter dem graublauen Gefieder bebte.
***
Weiterführend → Lesen Sie auch das KUNO-Porträt des Lyrikers André Schinkel.
→ Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.