Heimatlos

 

 

bei mir nicht heimat ist

du nur bist ausgesetzt

in einem fremden land

 

bei mir nicht heimat ist

nur in krachendem geäst

da oder dort nichts wie fort

 

bei mir nicht heimat ist

blutleere in deinem gesicht

da niemand wahrheit spricht

 

bei mir nicht heimat ist

glutrot leuchtet abendrot

am ende wartet  nur der tod

 

bei mir nicht heimat ist

war einmal die liebeslust

heute langeweile tagesfrust

 

bei mir nicht heimat ist

du mit deinem lockenhaar

mit dir war alles wunderbar

 

bei mir nicht heimat ist

nur späte dunkle nacht

schließ alle türen zu

 

geh fort ganz leise

geh fort ganz sacht

 

 

 

Photo: Gerald Ganglbauer

„Wiplinger ist ein Lyriker der Unmittelbarkeit. Er verschließt sich nicht den kleinen Strukturen seiner Umgebung und der Welt. Sein literarisches Spektrum, stilistisch durchaustraditionsgebunden, reicht vom gesellschaftskritischen Gedicht bis zur politischen Lyrik, vom Landschaftsgedicht bis zur lyrischen Meditation. Die immer wiederkehrenden Motive dieser Dichtung – das ständige Reisen und die Vergeblichkeit des Reisens als Flucht in andere Länder, die Heimkehr, Fremdheit und Selbstentfremdung, Liebe und Verlust der Liebe, Einsamkeit und Tod – sind zugleich autobiographische Motive. Kurz, spröde, in knappen Sentenzen und Verszeilen, die oft fast minimalistisch wirken, evoziert Wiplinger eine beinahetagebuchartige Wiedergabe seiner Erlebnisse, garniert mit einer melancholischen Folge vonGedanken über die Defizite und Verluste des Lebens. Der Titel der letzten Lyriksammlung –„Niemandsland“ – verdeutlicht den Prozeß der dichterischen Ernüchterung und Desillusion, und die einzelnen Gedichte, immer als „Faktizität“ belegt mit dem Ort und Datum des Entstehens, bezeichnen die Stationen dieser Bewegung im ständigen Austausch zwischen der Welt und dem Ich.“ (Lev Detela)

 

Weiterführend → Lesen Sie auch den Essay Poetik des Humanen über Peter Paul Wiplinger.

Über den Zustand der Liebe in den lyrischen Texten dachte Arletta Szmorhun nach.

 Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.