bei mir nicht heimat ist
du nur bist ausgesetzt
in einem fremden land
bei mir nicht heimat ist
nur in krachendem geäst
da oder dort nichts wie fort
bei mir nicht heimat ist
blutleere in deinem gesicht
da niemand wahrheit spricht
bei mir nicht heimat ist
glutrot leuchtet abendrot
am ende wartet nur der tod
bei mir nicht heimat ist
war einmal die liebeslust
heute langeweile tagesfrust
bei mir nicht heimat ist
du mit deinem lockenhaar
mit dir war alles wunderbar
bei mir nicht heimat ist
nur späte dunkle nacht
schließ alle türen zu
geh fort ganz leise
geh fort ganz sacht
„Wiplinger ist ein Lyriker der Unmittelbarkeit. Er verschließt sich nicht den kleinen Strukturen seiner Umgebung und der Welt. Sein literarisches Spektrum, stilistisch durchaustraditionsgebunden, reicht vom gesellschaftskritischen Gedicht bis zur politischen Lyrik, vom Landschaftsgedicht bis zur lyrischen Meditation. Die immer wiederkehrenden Motive dieser Dichtung – das ständige Reisen und die Vergeblichkeit des Reisens als Flucht in andere Länder, die Heimkehr, Fremdheit und Selbstentfremdung, Liebe und Verlust der Liebe, Einsamkeit und Tod – sind zugleich autobiographische Motive. Kurz, spröde, in knappen Sentenzen und Verszeilen, die oft fast minimalistisch wirken, evoziert Wiplinger eine beinahetagebuchartige Wiedergabe seiner Erlebnisse, garniert mit einer melancholischen Folge vonGedanken über die Defizite und Verluste des Lebens. Der Titel der letzten Lyriksammlung –„Niemandsland“ – verdeutlicht den Prozeß der dichterischen Ernüchterung und Desillusion, und die einzelnen Gedichte, immer als „Faktizität“ belegt mit dem Ort und Datum des Entstehens, bezeichnen die Stationen dieser Bewegung im ständigen Austausch zwischen der Welt und dem Ich.“ (Lev Detela)
Weiterführend → Lesen Sie auch den Essay Poetik des Humanen über Peter Paul Wiplinger.
→ Über den Zustand der Liebe in den lyrischen Texten dachte nach.
→ Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.