Menschen kamen
als wärs gewesen mit dem Wind
an Hauptbahnhöfen an
eingerollt in Decken
das Haupt unter Tüchern die Frauen
die Männer Falten um die Augen
vor Freude vor Trauer wer weiß
an die Kinder verteilt man Kuscheltiere
verkriechen manche sich unter Decken
essen bei Tonnen
Menschen neben Abfall
Leben mal eben im Schnee
abgestellt
ob Träume Menschen nachreisen
wie die Sonne dem Mond
ohne dass der eine den anderen
jemals erreicht
Menschen kamen mit dem Wind
Ankünfte so schnell wie das Wetter
sich änderte in diese unruhigen
Zeiten Flüchtlinge sagte man sie
bewegten sich ähnlich
wie Licht Regen Schatten
ein Schauer
hin und her gerissen
zwischen Trauern
und Hoffen
den Versuchen zu träumen
und dem Nachhecheln hinter einer besseren
Welt
fremde Menschen
waren fremd
so wie ich mir selbst
die Männer flirteten
die Kinder schrien
wie überall auf der Welt
traurige Kinder schreien sonst
nichts
Hunger Armut und Alltäglichkeit
es brachte eine Frau in einem Bus ein Kind
zur Welt keine Monatsbinden mehr
das Drama
nebenan
als Alltäglichkeit
als Banalität
neben Träumen die dir nachreisen
du nicht Sonne nicht Mond
handeln als einzige
Möglichkeit
ohne dass es je
besser würde
bleiben Fragen gleich
führen Menschen dieselben Kriege
überall auf der Welt springen
die Delfine der Sehnsüchte
in Köpfen und Herzen sind es
unsere eigenen nicht einmal das
wissen wir mehr
wenigstens Hände reichen
wenigstens
Monden nachreisen die
von ihren Sonnen
unerreicht bleiben
trotzdem
***
Weiterführend →
Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach, wie das Schreiben durch das schreibende Analysieren gebrochen wird. Vertiefend zur Lektüre empfohlen, das Kollegengespräch :2= Verweisungszeichen zur Twitteratur von Sophie Reyer und A.J. Weigoni zum Projekt Wortspielhalle. Hören kann man einen Auszug aus der Wortspielhalle in der Reihe MetaPhon.