Wenn wir zornig
waren, über der Grenze.
Scheiterhaufen im Bauch,
andere Gene.
Die Zukunft,
dünn und ungeschliffen,
Temperaturen
quer zum Berg gestreift.
Messerklingen, wer mag
an so was denken,
unsere Steine sind nicht
aus Papier.
Wir liefen auf Reserve,
das Geld geborgt,
in den Hosentaschen
schmale Träume.
Von dem Hoffen
und Warten
kriegt man blaue Fäuste,
irgendwie.
Und einmal
groß sein dürfen,
das Leben sonst ein
Kinderspiel, dachten wir.
***
Weiße Kreide, Gedichte von Martin Dragosits, Edition Art Science, 2017
Diese Gedichte beschreiben Stars auf Zeit, selbstverliebte Welpenfänger, schmale Träume in Hosentaschen, die Füße fest am Boden. wo doch das Wünschen / als Prinzip der Lüge / in uns allen steckt. Quantenmechanische Zustandskomik, angedachte Farbplakate, kleine Schuld-und-Sühne-Schleifen, in denen darüber nachgedacht wird, was mit uns geschieht. Gedichtbände haben keinen Plot, keine Protagonisten: weiße Kreide, fahrende Züge, angespannte Augenbrauen. Aufgeteilt in sechs Kapitel zwischen Revue, Ringelspiel und Gegenwartsfragen, mit Skizzen von Provinz und Vergänglichkeit.
Weiterführend → Eine Würdigung von Martin Dragosits durch Holger Benkel.
→ Poesie ist das identitätsstiftende Element der Kultur, KUNOs poetologische Positionsbestimmung.