Der Tänzer James Saunders fiel an den Bildern vorbei aus dem Leben. Als er tanzend alles wagte, stürzte er bei einem Handstand auf dem Geländer der großen Museumstreppe fast lautlos in die Tiefe. Ich spürte, sagt Arthur, wie der Aufprall des Fallenden uns in der starren Menge anstieß. War das die Choreographie des Todes?
Ein falscher Handgriff, sage ich, und alles ist aus.
So stürzen wir auch, sagt Arthur. Der Tod ist ein Künstler.
Wie?
Weil er weiter denkt als wir, sagt Arthur. Der Tod kennt keine Grenze, keine Regel, keine Zeit, er geht jede Wette ein und ist ein geduldiger Gewinner.
Ist unser Leben keine Kunst?
Wenn wir den Tod als Künstler begreifen, schreiben wir mit an der Choreographie des Lebens, sagt Arthur, unser Leben wird zur Kunst.
Der Sturz in die Tiefe gehört aber nicht zu dieser Choreographie, sage ich, Saunders hat den Sturz doch nicht gewollt.
Ich verstehe, sagt Arthur, den Übergang der einen Choreographie in die andere als schmerzvolle Bedingung und unbegreifliches Ziel unseres Lebens.
Dann ist das Leben nur eine Ausnahme des Todes, sage ich, der Tod der Regelfall.
Ja, sagt Arthur, wir fallen alle, und jeder fällt in seiner Kunst allein.
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Ein Rückblick auf: Arthurgeschichten von Ulrich Bergmann. KUNO 2017.
Weiterführend →
Ulrich Bergmann nennt seine Kurzprosa ironisch „gedankenmusikalische Polaroidbilder zur Illustration einer heimlichen Poetik des Dialogs“. Wir präsentieren in diesem Jahr auf dem Online-Magazin Kulturnotizen (KUNO) alle Arthurgeschichten und warnen Sie: Ähnlichkeiten mit Lebenden oder Toten oder lebenden Toten sind zufällig, rein zufällig, absichtlich zufällig, zufällig absichtlich, rein absichtlich und nichts als die reine Absicht. Lesen Sie zu den Arthurgeschichten den Essay von Holger Benkel. Eine Einführung in Schlangegeschichten von Ulrich Bergmann finden Sie hier.