Es geht immer um Minuten, nie um Stunden, sagt Arthur, als wir das Theater verlassen. Wenn es um Stunden ginge, wäre alles schon zu spät – oder zu früh, sagt Arthur.
Arthur, ich versteh kein Wort, du redest bestimmt wieder in Bildern.
Natürlich rede ich in Bildern, sagt Arthur, anders kann ich nicht reden, nur so bin ich wirklich da.
Na gut, sage ich, du willst hier also schnell weg?
Ja, sagt Arthur, ich muss raus hier, im Sommer bin ich so allein, so einsam, geradezu steppenwölfisch, während ich im Winter… im Winter igle ich mich ein und ersticke dann an der Distanzlosigkeit mir selbst gegenüber.
Per aspera ad astra, sage ich.
Quatsch! Ich muss raus aus dieser Sommerlüge, aus diesem entsetzlichen Taumel, in den ich mich immer wieder stürze, diesen Rausch an der Welt, die so vergiftet ist, dieses besoffene Leben, diese Trunkenheit des Bewusstseins! Weißt du, die stechendste Klarheit trübt mich nur ein, und das Stück, das wir eben sahen, lenkt mich nur ab von meiner Lust zu sterben!
Aber doch nicht mitten im Sommer, sage ich.
Wann sonst?, sagt Arthur, soll ich warten, bis ich im Winter wieder leben will?
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Arthurgeschichten von Ulrich Bergmann. KUNO 2018.
Als intensiver Beobachter verfügt Ulrich Bergmann über die Begabung, noch die alltäglichsten Details in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu rücken, um etwas über das Leben und die menschlichen Beziehungen zu erzählen. Er nennt seine Kurzprosa ironisch „gedankenmusikalische Polaroidbilder zur Illustration einer heimlichen Poetik des Dialogs“. Wir präsentieren in diesem Jahr auf KUNO alle Arthurgeschichten und warnen Sie: Ähnlichkeiten mit Lebenden oder Toten oder lebenden Toten sind zufällig, rein zufällig, absichtlich zufällig, zufällig absichtlich, rein absichtlich und nichts als die reine Absicht.
Weiterführend → Lesen Sie zu den Arthurgeschichten den Essay von Holger Benkel. – Eine Einführung in Schlangegeschichten von Ulrich Bergmann finden Sie hier.