1995 erklärte die UNESCO den 23. April zum „Welttag des Buches“, dem weltweiten Feiertag für das Lesen, für Bücher und die Rechte der Autoren. Die UN-Organisation für Kultur und Bildung hat sich dabei von dem katalanischen Brauch inspirieren lassen, zum Namenstag des Volksheiligen St. Georg Rosen und Bücher zu verschenken. KUNO empfiehlt daher das auf vier CDs erweiterte Hörbuch Gedichte, es ist in einer limitierten Auflage exklusiv im Schuber erhältlich. Nichts so vergänglich wie Musik und gesprochene Worte, diese CDs bezeugen gerade als gesprochenes Wort Vergangenwart und Gegenheit.
Das ist natürlich schon eine starke Pose, mit der Weigoni auf dem Cover seiner von der Kunststiftung NRW geförderten vierteiligen CD-Edition mit Gedichten zu sehen ist: Langes wallendes Haar, konzentrierter Blick, die Falten treten deutlich hervor und die Finger sind wie beim Rezitieren kelchförmig geformt, als wollte er etwas Wichtiges auf den Punkt bringen. Nur das kurzärmlige Hemd im gedeckten Ton wirkt etwas neuzeitlich. Es erinnert, und da sind auch die Initialen, an Albrecht Dürer, mit der Jahreszahl 1500.
Steffen Tos
Was auf Anhieb verführt und besticht, ist die Spreche: Melodie, Rhythmus, weiter Atem. Diese Poesie hat etwas Körperliches, man sieht es daran wie das Wort als Lautabfolge von Zunge und Lippen geformt wird und seinerseits das Gesicht dessen zeichnet, der es artikuliert. Außerhalb der Sprache ist die Existenz des Sprechers im Gedicht, Worte haben bei A.J. Weigoni physiologische und physiognomische Qualität. Auf diesem Hörbuch vernimmt man der Rezitator als Klangkörper; in der Rezitation durch den Sprechsteller werden die Gedichte lebendig, das Hörbuch Gedichte vermitteln die physische Eigenart dieser Lyrik, ihre Sprachgewalt, ihren verschmitzten Witz. Es geht diesem Verdichter darum, der gesprochenen Sprache auf die Schliche zu kommen.
Ganz im Gegensatz zu den anderen “experimentellen” CDs meiner Sammlung sind die von A.J. Weigoni immer stimmig, ja richtig, philosophische Aufsätze auf den Punkt gebracht. Man merkt auch die feine Feile, das Entstehen und die Mühe über einen langen Zeitraum hinweg.
Dr. Dieter Scherr, Literaturhaus Wien
Die Stimmhaftigkeit des Schreibens und der Wunsch, es sprechend zu machen, bilden in Weigonis Werk ein zentrales Phantasma. Diese Stimme richtet sich an einen Hörer, an dessen Fähigkeit, zeichenhaften Konstellationen eine akute Bedeutung zu entnehmen. Als ›Sprechsteller‹ bricht er die Sprache auf, dehnt sie ins Geräuschhafte und treibt sie durch seine assoziative Fantasie ins Expressive. Weigoni nutzt die Sprache als akustisches Präzisionsinstrument. Die Wörter lösen sich von ihrer mimetisch–realistischen Abbildfunktion und tragen auf unterschiedliche Weise dazu bei, das Vertraute fremd zu machen. Zu den verwendeten Reizmitteln gehören zwischen Schrift und Rede wechselnde Tonspuren, eine intensiv atmende Syntax und Metrik, Klangbrüche sowie kunstvolle Enjambements, die der Akzentuierung des einzelnen Worts, einer Silbe oder eines Buchstabens dienen. Dann entwickeln die Verse eine Spannkraft und eine vertikale Drift, die Zeilen treten hinter der Wirkung des Gedichtganzen zurück, und mit Zeilenbrüchen wird der Gedichtkörper kunstvoll gestaut.
Wenn man ein Buch liest, entstehen im Kopf eigene Räume, eigene Orte und eigene Figuren… Hörspiele sind eine ganz eigene Kunst. Sie leisten eine Konzentration auf das schönste menschliche Organ – die Stimme.
Manfred Zapatka
Seine Stimme kann das Fließen und die Beweglichkeit des Körpers wiedergeben. Sie kann Energien beschwören, für die es keine Worte gibt, emotionale Schattenreiche. Der Körper lügt nicht, die Stimme auch nicht. Unverwechselbar sind seine hochpoetische, oft dunkel timbrierte Sprache in den Gedichten sowie der sich stets in das Geschehen einmischende und hochgradig mit diesem verstrickte Erzähler in seinen Langgedichten. Man kann die emotionale Unehrlichkeit hören, wenn jemand die Stimme manipuliert, nur um einen Effekt zu erzielen. Weigoni manipuliert niemanden. Ein Reiz seiner Arbeit besteht in der Unverkrampftheit eines Erforschung, der die Einfachheit des Urzeitlichen besitzt; ihn zu verstehen, braucht es Offenheit und ein wenig Neugier. Sprache befindet sich in unentwegtem Wandel, daher erfaßt Weigoni die Lyrik als geistige Bewegung. Bei jedem Hören tritt einem ein anderer Aspekt zutage, augenzwinkernd, verspielt, melancholisch, zornig. Dieser Lyriker lebt in osmotischer Beziehung zur Sprache, die er als etwas Lebendiges und Tödliches auffaßt.
Als ich dieses Hörbuch hörte, war ich schlichtweg begeistert. Bei Hörbüchern und Hörspielen wird oft der Begriff ›Kunst‹ verwendet. Ich rede eher vom ›Handwerk‹. Als ich »Gedichte« von A. J. Weigoni lauschte, war für mich sofort klar: Das ist wirkliche Kunst! Dieser Mensch ist ein wahrer Wortakrobat, ein Liebhaber der Sprache, ein Kenner des Mediums. Weit weg vom Mainstream ist Gedichte von A. J. Weigoni für Liebhaber der ›Sprachkunst‹ und für intelektuelle Unterhaltung DER Geheimtipp. Solch eine liebevolle Inszenierung hat eine Auszeichnung verdient, deswegen: Beste Lesung.
Simeon Hrissomallis in der Begründung für den Hörspielpreis Ohrkanus
Rezitationen der Gedichtzyklen und Hörspielumsetzungen der Langedichte von Weigoni sind dem auf vier CDs erweiterten Hörbuch in einem hochwertigen Schuber aus schwarzer Kofferhartpappe erhältlich. Die Interpretinnen Bibiana Heimes und Marina Rother werden zum reinen Medium, ohne die Monodramen durch Schnörkel oder Firlefanz zu verunzieren. Man halte seine Augen fest verschlossen und öffne dafür die Ohren für dieses Hörbuch. – Probehören kann man Auszüge leider nur im mp3-Format – kann man Auszüge der Schmauchspuren, von An der Neige und des Monodrams Señora Nada in der Reihe MetaPhon.
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Der Schuber, Werkausgabe der sämtlichen Gedichte von A.J. Weigoni. Edition Das Labor, Mülheim 2017
Die fünf Gedichtbände erscheinen in einer limitierten und handsignierten Ausgabe von 100 Exemplaren. Mit dem Holzschnitt präsentiert Haimo Hieronymus eine handwerkliche Drucktechnik, er hat sie auf die jeweiligen Cover der Gedichtbände von A.J. Weigoni gestanzt hat. Bei dieser künstlerischen Gestaltung sind „Gebrauchsspuren“ geradezu Voraussetzung. Man kann den Auftrag der Farbe auf dem jeweiligen Cover direkt nachvollziehen, der Schuber selber ist genietet. Und es gibt keinen Grund diese Handarbeit zu verstecken.