„Der restaurative Geist der achtziger Jahre begünstigte die historische Verdrängungsarbeit, die Beuys buchstäblich ins Werk setzte. Die postmoderne Sehnsucht strebt nach Friede, Freude, Eierkuchen im Fabulieren von „individuellen Mythologien“. Und mit geradezu kindlichem Eifer nahmen die Vertreter der Kunstkritik und der Museen die Märchenwelt des Künstlers auf, um das Publikum durch Nacherzählen und Miterzählen zu ergötzen. Noch heute wird an der Botschaft von Beuys fleißig weitergehäkelt: vom Heer der Kunsterzieherinnen und Kunsterzieher, die aus Kunst ein Kinderland machen. Beim Fördern von Kreativität möchte man nicht auf die gemütliche Wärme verzichten, die beim gemeinsamen Basteln aufkommt. Sie vertreibt die hässlichen Gedanken der Zweifel, gesät von den kritischen Intellektuellen, die Beuys stets ein Dorn im Auge waren.“
Beat Wyss 2008 in Monopol, Magazin für Kunst und Leben
Der Absturz mit seiner Nachgeschichte diente Beuys als Stoff einer Legende, der zufolge nomadisierende Krimtataren ihn „acht Tage lang aufopfernd mit ihren Hausmitteln“ (Salbung der Wunden mit tierischem Fett und Warmhalten in Filz) gepflegt hätten. Diese Legende, die Beuys’ Vorliebe für die Materialien Fett und Filz erklären sollte und die Beuys in einem BBC-Interview ebenso beschrieb, hat auch sein Biograph Heiner Stachelhaus vertreten.
Weiterführend →
Joseph Beuys hat den Kunstbegriff erweitert. Auch der Literaturbegriff gehört erweitert. Bestand die Modernität des Aphorismus bisher in der Operativität, so entspricht diese literarische Form im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit der Denkgenauigkeit der Spätmoderne. Es ist Twitteratur.
→ ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.