steh an de straßenecke vor de brust en schild
steh an …
ich bin en mietsänger leute jedem sing ich sein bild
ich sing für jeden nur nit für schweine wahr
ich sing …
für ne mark schreib ich sojar oden auf erwins bar
für wein und wat brot schreib ich en langes poem
für wein …
jereimt versteht ihr dat ich prozente nehm
jeder kann ne meinung haben wenn ich sie sing
jeder kann …
sagt mir einer: ich bring mich um, sag ich: spring
war irjends einjeladen se tranken champagner all
war irjends …
ich aß wurstpellen hab mich weg jemacht aus dem stall
einmal miet mich ne frau die war ziemlich scharf
einmal miet …
spiel! sagt se: ich bin allein, und am end: allaaf
im rejen brauch keiner wasser wer brauch heut jesang?
im rejen …
mir friern de füße ich steh hier schon verdammt lang
käm einer und sagte: he freund spiel mir den blues
käm einer …
brächt ich dat aber se wollen nur feuer statt ruß
ich kann nur ‘n paar bottleneck töne runter und rauf
ich kann …
bei dem sauwetter jeht mir schnell de strotte* drauf
bin ich en mietsänger weil ich den blues hier spinn
bin ich …
oder hab ich den blues weil ich en mietsänger bin?
***
Rohlieder I – X von HEL, KUNO 2019
HEL ist bekannt als Publizist gesellschaftskritischer Lyrik sowie Essays. Nach dem Zyklus Zeitgefährten, die zwischen 1977 – 2008 entstanden sind, veröffentlicht KUNO die Reihe Rohlieder I – X, die dank Caroline Hartge neu ediert worden sind. Diese Gedichte legen eine Stimmung frei, die zwischen Melancholie und Unbeschwertheit, Wehmut und Klarheit wechselt.
Weiterführend →
Eine Würdigung von HEL findet sich hier. Eine faszinierend langer Briefwechsel zwischen Ulrich Bergmann und HEL findet sich hier. Eine Hörprobe des Autors findet sich auf MetaPhon.
Anmerkungen:
Auf Aachener straßen gesungen
strotte = „westfäl. kehle, gurgel“