Prinzipien der Wälzer oder Die Kunst, dicke Bücher zu machen

 

I. Die ganze Ausführung muß von der dauernden wortreichen Darlegung der Disposition durchwachsen sein.

II. Termini für Begriffe sind einzuführen, die außer bei dieser Definition selbst im ganzen Buch nicht mehr vorkommen.

III. Die im Text mühselig gewonnenen begrifflichen Distinktionen sind in den Anmerkungen zu den betreffenden Stellen wieder zu verwischen.

IV. Für Begriffe, über die nur in ihrer allgemeinen Bedeutung gehandelt wird, sind Beispiele zu geben: wo etwa von Maschinen die Rede ist, sind alle Arten derselben aufzuzählen.

V. Alles, was a priori von einem Objekt feststeht, ist durch eine Fülle von Beispielen zu erhärten.

VI. Zusammenhänge, die graphisch darstellbar sind, müssen in Worten ausgeführt werden. Statt etwa einen Stammbaum  zu zeichnen, sind alle Verwandtschaftsverhältnisse abzuschildern und zu beschreiben.

VII. Von mehreren Gegnern, denen dieselbe Argumentation gemeinsam ist, ist jeder einzeln zu widerlegen.

 

 

 

***

Die Einbahnstraße ist eine entscheidende Gelenkstelle in Benjamins Gesamtwerk, in der Überlegungen des Frühwerks transformiert werden, um sie dann in späteren Arbeiten weiterzuführen. Dies veranschaulicht insbesondere die 43 Texte umfassende »Nachtragsliste zur Einbahnstraße«, die Benjamin Anfang bis Mitte der dreißiger Jahre zusammenstellte. Sie wird, neben dem Erstdruck und allen handschriftlichen Vorstufen sowie zeitgenössischen Rezensionen, in der neuen Edition erstmals als Einheit zu lesen sein. Der Kommentar und das Nachwort des Herausgebers machen zudem die Verbindung der einzelnen Texte mit dem Gesamtwerk Benjamins sichtbar und zeigen, inwiefern die Einbahnstraße die Tradition der europäischen Aphoristik aufgenommen und zugleich erneuert hat.

 

Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.