Die alte kräutermutter
kannte man weit umher
aber wo sie wohnte
wußte keiner mehr
Sie legte heillehm auf wunden
half lämmern und fohlen ans licht
Warzen und moderhinke*
besprach sie geld nahm sie nicht
Sie kam zurück aus der siedlung
da kreuzte ein mädchen sie
Bin abgehauen zu hause
und zurück will ich nie
Über die schienen gingen
die alte frau und das kind
hintern ilex* wo die
wege zu ende sind
Höhle zwei ziegen kerzen
kupfer am balken hell
kräuter getrocknet die katze
kessel käsekrug fell
Die alte machte dem mädchen
ein bad und holunderwein
Bist ohne haus und namen
kannst mir gehilfin sein
Meine tochter hatte
so wie du das haar
war so alt wie du sie
starb im grippejahr
Ich hab sie hinausgetragen
und sie hier beigesetzt
Ich hab sie nicht heilen können
sie aber heilt mich bis jetzt
So hat die kräutermutter
wald und grün und kraut
und alles was sie wußte
dem mädchen anvertraut
Zwei jahre blieb bei der hexe
das mädchen aus der stadt
da war sie bald erwachsen
die stimme der alten wurd matt
Es war ein fremder morgen
als sie die mutter versah
und neben die tochter legte
Ein birkenreis pflanzte sie da
Und sie ging fort man weiß nicht
Die ziegen stallte sie ein
Die katze blieb in der nähe
und horcht am erdegebein
***
Rohlieder I – X von HEL
Weiterführend →
Eine Würdigung von HEL findet sich hier. Eine faszinierend langer Briefwechsel zwischen Ulrich Bergmann und HEL findet sich hier. Eine Hörprobe des Autors findet sich auf MetaPhon.
Anmerkungen:
moderhinke = „schafskrankheit: sie stinken u hinken“
ilex = Hülsen, Stechpalme