Das eigene Leben ist kein Nachschlagewerk

„Du schreibst das Leben, aber wenn Du lebst, verschreibst Du Dich.“ Das eigene Leben, so schlußfolgert Veza Canetti, ist kein Nachschlagewerk, in dem man nach Belieben herumblättert, kein fertiges Manuskript, das man jederzeit veröffentlichen kann. Veza Canetti nimmt mit diesem Satz das postmoderne Konzept einer Autorschaft vorweg, demzufolge der Schriftsteller nicht mehr zu schreiben habe, sondern sich schreiben lasse.

In einer Biographie beschäftigt sich Sophie Reyer mit Veza Canetti  und erörtert u.a. die Fragen:

Wie ist es möglich, dass das literarische Talent dieser Frau sich so lange im Verborgenen halten konnte?

Und warum kam es zu dem Gerücht, Veza Canetti habe im Jahre 1963 in London Suizid begangen?

Zu Lebzeiten veröffentlichte Veza Canetti ihre Texte ausschließlich in Zeitungen und Zeitschriften; erst lange nach ihrem Tod wurden diese auch in Buchform einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Fokus der Reyerschen Biographie stehen neben der verschleppten Rezeptionsgeschichte von Canettis Werk auch ihr schwieriges Schicksal, ihr bedingungslos sozialistisch-humanistisches Engagement sowie dessen Kontextualisierung in zeitgenössischen literarischen Diskursen. Neben den Aufzeichnungen aus dem Alltag wird hier auch ein intellektueller Zugang zu Canettis Biographie gefunden, die sich im politischen Denken der Zwischenkriegszeit sowie den Mühen des Zweiten Weltkriegs artikuliert. Zahlreiche bislang unveröffentlichte Dokumente runden diese lesenswerte Biographie ab.

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VEZA CANETTI – EINE BIOGRAPHIE | von Sophie Reyer. Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg, 2019

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