DIE ELBE IST AN ALLEM SCHULD

Fischfang soll sich nicht lohnen

krank sind ufer und fluß

so daß man mit kommissionen

der Elbe zu leib rücken muß

Was tat bloß die Elbe

der chemischen industrie

hustet die doch das selbe

dreckige wasser wie sie

Was nur taten die fische

der armen Elbe an

daß man im wasser der fische

nicht mehr schwimmen kann

Und was haben indessen

die fischer gemacht mit dem aal

den man statt ihn zu essen

zurückwirft in den kanal

Sie haben aus der klüse*

die ganze Elbe verseucht

es ist die dampfkombüse

aus der gift entfleucht

Und die aale desgleichen

die machen das wasser krank

Sie schwimmen immer als leichen

und machen einen gestank

Und der fluß war schon immer

den menschen eine gefahr

Statistisch ertrinkt ein schwimmer

jedes halbe jahr

Nun sind die schuldigen gefunden

nun hat die Elbe ruh

die uns so lange geschunden

nun baut man sie endlich zu

Das lied singt von heimwache bordweh

und Altenwerderzuhaus

Die Elbe fließt in die Nordsee

Die schweinswale fahren hinaus

***

Rohlieder I – X von HEL, KUNO 2019

HEL ist bekannt als Herausgeber neuer Talente im „literarischen Underground“ und Publizist gesellschaftskritischer Lyrik sowie Essays. Nach dem Zyklus Zeitgefährten, die zwischen 1977 – 2008 entstanden sind, veröffentlicht KUNO die Reihe Rohlieder I – X, die dank Caroline Hartge neu ediert worden sind. In diesen Gedichten spürt HEL das Existenzielle im vermeintlich Banalen auf. Er hat es hat es nicht nötig, Fiktion zu erfinden … die Fiktion existiert bereits.

Weiterführend →

Eine Würdigung von HEL findet sich hier. Eine Hörprobe des Autors findet sich auf MetaPhon. Zur Lyrik von HEL findet sich hier ein Rezensionsessay von Holger Benkel. Ein faszinierend langer Briefwechsel zwischen Ulrich Bergmann und HEL findet sich hier.

Anmerkung:

klüse = „verschließbare öffnung beim schiff“ im Bug, für die Ankerkette