Dräng die Wörter zusammen, faß dich kurz.
Jesus Sirach ∙ AT ∙ 32,1–13
Wie geht anfangen, fragt Daniela Danz in V – – – und wer weiß, vielleicht geht anfangen ja, in etwa, so … : hier kommt die zukunft überrauscht journal / lektüre und kakteen den wartesaal / mein ganzes arsenal feinster empfänger / auch ultrakurzer wellen kürzlich länger / gewordner schattenspiele, tönt’s, jedenfalls, aus Judith Zanders manual numerale, und ich male : manchmal : malzipempu – manchmal : morgenmeer – manchmal : musenmund – manchmal : mutminsch – manchmal : muschelmörtelmauer – manchmal : matratzenmitmaid – manchmal : meine ich hier in der Sistiger Wolfskaul den Ohren kaum zu trauen, keiner kann behaupten, er versteh’s, schnobert Robert Walser dazwischen, hör ich doch, an einem Montagabend, das Licht schwankt schon, hält Amir Shaheen fest, T. S. Eliotpräludiert the winter evening settles down und grüne Tiere gab es zu dieser Jahreszeit kaum, kommt prompt Ulrike Draesners Echo, während des mitternächtlichen Tatorts ( Gedichte / müssen wie ein Schuß / ins Auge sein, funkt Marcel Beyer in Graphit dazwischen ), den von Joachim Król verkörperten Frankfurter Hauptkommissar Frank Steyer, auf einmal, mir nichts, dir nichts, hin- und hersagen : Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt, hol mich der Geier, das war doch schon lange ausgeheckt in schutzloser Nacht, behauptet Jean Krier in Eingriff, sternklar, schlägt’s jetzt dreizehn, und da : der Käfer auf dem Fensterbrett bei Thilo Krause, und weiße Elefanten fliegen, denk ich kopfrüttelnd, spüre Lars-Arvid Brischkes weites mäntelchen / des schweigens das jetzt eng anliegt, sehstundenlang, der nächste Morgen, mutmaßt Jürg Halter, scheint / tausend Jahre fern, reibe die … Augen wäscht mir der Nebel … in Traian Pop Traians Gedicht … in a quiet way, wie J. M. Coetzee, I was raving mad …, das hat, Buchstabe für Buchstabe, verheißt Christine Koschel nichts Gutes ( außer man tut es … ), das hat doch was mit … Literatur zu tun, denk ich weiter, bin, mit einemmal, atomuhrplötzlich, schnellwach, ahne das fragment eines zimmers, / aber das ist schon das zimmer, bemütigt Martina Weber, höre und sehe, zweifellos, Flann O’Briens famos tosenden Westwind, the wind from the east is a deep purple, from the south a fine shining silver / The north wind is a hard black and the west is amber, Eibenäste gegen Scheibenreste peitschen, jajaja, ruft Werner Bliß, das sind ratterschöne flattertöne, eine Bö jagt die – – – andre, kein Stern / durchdringt das Gewölbe, sieht Helga M. Novak … und es glänzt die wilde Welt bei Friederike Mayröcker… und ich denk ein paar Stunden, nein : Tage, zurück, vertieft in V, manual numerale, Sieben Sprünge vom Rand der Welt, Dichterloh, Wir fürchten das Ende der Musik, Kasinostraße 3, Rose & Nachtigall – usw. … und Eins zwei drei! Im Sauseschritt / Läuft die Zeit; wir laufen mit, kalauert Wilhelm Busch, ich kalauere mit, denk an Klaus Anders’ Wachtelzeit : blühender Lauch, Muskatellersalbei … time, the magician, raunt Thomas Hardy, und denk : in letzter Zeit – – – Zeit, die sich dehnt (Lydia Daher) – – – ›mangmang‹ viel Amerikanisches aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verschlungen : E. E. Cummings’ The Enormous Room, Sinclair Lewis’ Main Street, Betty Smiths A Tree Grows in Brooklyn, Booth Tarkingtons The Magnificent Ambersons, Richard Wrights Native Son … undundund … Bücher, die mir, wie glühender Rauch, den Atem rauben, die Sprache verschlagen, ein Buch nach dem anderen drängt, gelesen zu werden, und ich würd am liebsten mit dem einen Auge dieses Buch, mit dem anderen Auge jenes Buch lesen ( und mit dem dritten Auge ein weiteres … ) – uns schwanen wir ahnen – allüberall – atmende alpentalamselaugen alte akkordeonspieler am angstabhang … – aber … aber auch : Simplicius Simplicissimus : Alle diese Worte erwog ich mit Fleiß und stetigem Nachdenken, und bewogen mich dermaßen, daß ich die Welt verließ und wieder ein Einsiedel ward, und Zauberberg wiedergelesen, und wieder, das liegt auf der flachen Hand,wieder verschlägt’s mir, ›wie man so sagt‹, die Sprache … und, endlich, endlich, endlich, Heimito von Doderers Strudlhofstiege kennenliebengelernt : Als Mary K.s Gatte noch lebte und sie selbst noch auf zwei sehr schönen Beinen ging (das rechte hat ihr, unweit ihrer Wohnung, am 21. September 1925 die Straßenbahn über dem Knie abgefahren), tauchte ein gewisser Doktor Negria auf, ein junger rumänischer Arzt, der hier zu Wien an der berühmten Fakultät sich fortbildete und im Allgemeinen Krankenhaus seine Jahre machte … – und noch mal, ja, noch mal, verschlägt’s mir, verschlägt’s mir die Sprache ( Weiterleben mit auf den Kopf gestelltem Geist, empfiehlt Mikael Vogel in Morphine ) … what a book, what a book, what a book usw. … und – ich – denke : Wegen all dieser Bücher aus der Sphäre, die Mrs Columbo gern mit der Bauchbinde ›Weltliteratur‹ versieht, lasse ich nun – es geht mir da wie Elke Erb : Das eintretende Alter erheitert mich / mit einer neuen Neugier und der Lust, / die Nase in Dinge zu stecken – die von mir in dieserjener Zeit gelesenen ›druckfrischen‹ Lyrikprosabücher, Anthologien, Kalender, Magazine nicht ›einfach so‹ unter den Büchertisch fallen, so vieles / das mir im gedächtnis blieb … gurrende tauben im osterkahlen / apfelgeäst europas, finde ich in Lothar Quinkensteins gegenort, nein, nein, habe da ja, naturgemäß, auch wieder eine ganze Reihe prächtiger poetischer ›Perlen‹ aufgelesen, seh, bei Elke Erb ( vermutlich im märz notiert ), kein Reh, nein : Wenn der Hirsch aus dem Wald tritt – denk nicht, das ist nichts. / Oh, weißt du, das ist das Leben ( halte dagegen mit : warte nur – bald // wenn / wie eben / der wald / aus dem hirsch tritt / denkt kraus nicht / das sei nichts – / o nein / er weiß : / das / ist / leben ), an die ich an diesem, keineswegs ›schönen blauen‹, Abend, als sich ein toter Mann, am Strand?, nein : im Tatort, Gregor Samsa nennt, wortsaufend denke, und nun natürlich ( ! ) : neue neugier nicht ›nacht‹ nicht ›name‹ nicht ›natur‹ nicht : ›nichts‹, nein, as near a thing as we have to a king / Marianne Moore : magische ∙ mehrhundertseitige ∙ monumentale ∙ manuskripte – durch eine Spalte in der Stallwand erblickte ich alles / Oswald Egger – : umumumwerfend : Ich bin ihnen nur knapp entronnen / Maruša Krese : eines der Wörter auf feurigster Wiese ausgepustet wie Kerze / FM : davon nächstens mehr / Marion Poschmann, und darum benenne ich, I’m now brilliantly hydrated / Kim Dower, ungeachtet ungeheurer urzeit, Ann Cotten ›gibt‹ mir die Wörter : Es ∙ ist ∙ das ∙ Zeitalter ∙ der ∙ Dissoziierung ∙ der ∙ Z/e/r/s/p/litter/u/n/g ∙ wo ∙ man ∙ zwar ∙ unter ∙ ihr ∙ leidet ∙ aber ∙ sein ∙ Heil ∙ nirgends ∙ sucht ∙ als ∙ in ∙ ihr ∙ Ja? : unscharfe unruh um unweite ufer unterwürfige unken, exemplarisch, ›streng‹, würde, klar, gern ein paar mehr benamsen aus diesem oder aus jenem tiefen Grunde, summ summ segeln silberfischchen summ süßsalzberg summ substanziellen sommersprossengarten … summklänge, beispielsweise Robert Musils von Mahler gezeichnete Graphic Novel Der Mann ohne Eigenschaften oder Christine Kappes so schönes Gedichtbuch Wie kann das sein : auch lag eine große Schlaflosigkeit im Flattern der Tauben ( von Manfred Enzenspergers eingeschneiten hunden ganz zu schweigen … ), aber das kann und darf ja jetzt nicht sein, nein, flüstert’s maliziös-süffisant aus Kraus’ Munde, Zähmung muß sein, willst doch auf einen Satz bloß dich beschränken, je drei Lyrik- und Prosatitel, die ich in diesen versuchsweise formulierten Satz montiere ( kein kummersieb könnte knarzen | katzenkopfkalkül | krokus ∙ kranker ∙ kuckuck kuckuck / kindkonzeptgedanke ) : hier Odile Kennels wie heißt diese interplanetare luft : man sollte öfters Gedichte / ohne Ende schreiben, heidewitzka, in diesen Gedichten geht aber so was von der Rost ab, apropos Rost : Rost (Hendrik) blitzt Licht für andere Augen, Friederike Mayröckers Proëmbuch études : eingesponnen in Forste Fittiche Finger- / chen, Ludwig Steinherrs Flüstergalerie : schon schimmert sie vor Ihnen, dort Heinz Rademachers Gastlwelt ∙ Hommage an eine ›alte‹ Buchhandlung ( Bensch könnte beim Lesen fortwährend weinen, ich denke an Mayröckers das Flieszen der Tränen / Kaskade der Tränen ), Robert Schindels Der Kalte : da beißt keine Maus einen Faden ab, Josef Winklers Mutter und der Bleistift : da flog das Wort auf – Der Kalte, denk ich, und mich fröstelt immer noch ( in der küche ist es kalt / ist jetzt strenger winter halt / mütterchen steht nicht am herd / und mich fröstelt wie ein pferd, klingt Ernst Jandls Gedicht herüber ), als wär ich weiterhin mittendrin in dieser ›ungeheuerlichen‹ Gschicht, wär – bei aller Begeistrung für Das Ungeheuer und Die Sonnenposition – mein Favorit fürs Buchpreisgedöns ( Gedichtbuch wird da ja rausgeschossen ) gewesen : Aber – Der Kalte steht ja nicht mal auf der Longlist ( let alone the shortlist ), Longlist … Wronglist … das Lied verliert sein Lied, singt Yoko Tawada … Shortlist … Mistwort … Literrraturrrbetrrrieb, die große Kunst von Licht und Schatten ( Eberhard Häfner ), die kartographierten gebiete der schatten ( David Frühauf ), wie lange leben wir schon in diesem zustand, fragt Peggy Neidel, man ›weiß‹ es nicht, man weiß es nicht … replay (raumrest richten) : riesen robinien rauschen ruckweise rollen räder ∙ rettung : rachmaninow … Tag für Tag werden die Pflaumen blauer / Biene steh uns bei und Hummel, summelt Ruth Johanna Benrath, und wespe wespe … alles jeck … meck meck … Mack geht um die Eck … und … Meister Check, der meint, man dürfe Literaturpreise nicht allzu ernst nehmen, während Peer Quer meint, und ich, jajaja, denke ich, i∙c∙h m∙e∙i∙n∙e d∙a∙s a∙u∙c∙h, daß ›man‹ das durchaus ›darf‹, ich darf nicht bei Rot über die Ampel fahren, ich darf nicht gegen das Copyright verstoßen, das Copyright ist überhaupt eins der großen Probleme dieser Zeit, hilflos stehe ich / vor der Ordnung der Welt ( Elisabeth Plessen ) : Nicht der ADAC, nicht der Banker, nicht der Dollar, nicht der Euro, nicht der ›Fanatismus‹, nicht die Geldmeisterschaft, nicht der Hunger, nicht das Internet, nicht der Jasager, nicht die kapitale Kriegskakophonie, nicht die Lyrik, nicht der Macho, nicht Mr President, nicht die NSA, nicht der Oligarch, nicht der Politiker, nicht die Quarre, nicht der ›Radikalismus‹, nicht die Steuer, nicht der Tsunami, nicht der Urwald, nicht die Verklappung, nicht die Weltmeisterwirtschaft, nicht die Xenophobie, nicht der Yankee, nicht der Zeilensprung : Neinnein, das Copyright ist die eine, die große Knacknuß dieser Zeit, heut Nacht platzt ganz bestimmt die Sonne, hofft Florian Voß, unterwegs »n Flip-Flops nach Armageddon, und Urheber saufen Amok : Niemals ließ sich ermessen, wann sie das Spiel ernst nahmen oder als Spiel, krakauert Siegfried Kracauer, aber Literaturpreise darf ich sehr, sehr ernst nehmen, wenn ich das will, yolo, und, wenn auch meistens nicht, will ich das eben doch dann und wann ( brüllt der Panther ), beispielsweise während ich den Essay Poesie und Preise schreibe, in dem ich Ulf Stolterfoht sagen lasse : Ich freue mich sehr, wenn mich ein Preis ereilt, und gerade wirft mir irgendwer George Bernard Shaws The golden rule is that there are no golden rules vor die Füße, und ich haue, knalle, pfeffre, semmle, aus dem Hintergrund müßte Rahn schießen, Rahn schießt, das Bonmot, auch Fußball ist Kopfsache, gedankenbloß ins Netz – ein Treffer wie aus dem Nichts, würde Fußballreporter jetzt mit Jandl brüllüllüllen, wo waren wir, ach ja, bei Tennis Check, der sich so fröstköstlich, schmibissig, schwungtoll über eine unglaubliche Fehlentscheidung echauffieren kann, there is nothing either good or bad but thinking makes it so, weint Hamlet … o tempora o mora … frustig frustig fralalalala, Rinder, Rinder, seid ihr alle da … und ich mache, denk ich, während der Mörder ( töte!, töte! ), aberaber, nicht mehr lang : warte nur, balde / ruhest du auch ( wie Goethe : dieses dämonische, diabolische, dunkle Denken ), immer noch frei herumläuft, und morgen früh, wenn Gott will ( will er denn wollen??? ), mach ich, ohne Mist, meine kleine Leselist, keine Short-, keine Long-, einfach eine mit Rosen bedachte, naturgemäß kopfgebürtige, Leselist, und jetzt schweigen dürfen, schreibe ich, nachtücklich, ganz ( g∙a∙n∙z ) am Ende im B∙U∙C∙H∙S∙T∙A∙B∙E∙E∙T ∙ Gedichte im deutschen Sprachraum ∙ Ein listenreicher Glückblick, und, in der Tat ( raunt Günter Netzer aus der Tiefe des Traumes ), vergehen nahezu neun volle Monate ohne auch bloß ein einziges geschriebenes Wort, wenn ich ein, zwei Tage nicht schreiben kann, bin ich verzweifelt und fürchte, es ist aus ( FM ), I thought, driving through Richmond last night, something very profound about the synthesis of my being : how only writing composes it : how nothing makes a whole unless I am writing; now I have forgotten what seemed to be so profound, schreibt Virginia Woolf, berauschendbeseelende Leselustzeit, licht weht in den schilffellköpfen, les ich in Andreas Altmanns Gedicht, und in den Ohren klingen, weiter, Reiter, weiter, heiter, Jan Wagners Wörter, Verse, gefüllt / mit tiefster bläue, Jan Fischers Zeilen, am schlimmsten waren die Pflanzen im Herbst, die andere oder die, von Rolf Dieter Brinkmann geschriebene, Eine Geschichte // Der Himmel ist ganz blau / auf der Schallplattenhülle / und / wer immer das hier liest, / er liest, / der Himmel ist ganz blau. / Aber das ist / noch nicht alles. / Eine kleine weiße Wolke / fliegt am Rand des Blaus / dahin – klarhaftig, kusagauma, kein gobbledygook, nein, könnte eine Erfindung sein : mit Sylvia Geist im Gordischen Paradies …, und itzt irgendein imperativintermezzo → ich immer ihr immanuel ich installiert in irrer privatparaphrase ( präludium? … platzprogramm? ) : plastikpyjamahöschen ∙ plitschplatschnächte ↔ plötzlich poren papierpatronen, himmlischherrliche Gartensteinzeit : bäume haben sich ihre schatten herausgerissen, / brennen im wurzelfeuer, steht, schwarz auf weiß, in Andreas Altmanns Die lichten Lieder der Bäume liegen im Gras und scheinen nur so, aber : Kann man die Zeit erzählen, diese selbst, als solche, an und für sich? Wahrhaftig, nein, das wäre ein närrisches Unterfangen!, steht im Zauberberg geschrieben und dann ( und … wann – ? ), denk ich weiter, wende ich mich, wieder mal, die Mauersegler / verwirren schon den Himmel ( Bianca Döring ), verstärkt den herbstzeitlosen Gedichten von Walter Helmut Fritz zu, denen ich diesmal auf den animalischen Tiefgrund ( Tiergrund ) gehe, volle Faunadröhnung höre (apropos ›hören‹ : Bruckners fünfte Sinfonie ruft aus der Tiefe zu mir, und ich erhöre ihr Flehn, wie jeden Tag für Tag, am Morgen, am Mittag, am Abend, bin jedesjedes Mal aufs Neue : e∙r∙g∙r∙i∙f∙f∙e∙n ) und sehe : Aal ∙ Affe ∙ Amsel ∙ Antilope ∙ Biene ∙ Bitterling ∙ Borkenkäfer ∙ Büffel ∙ Chamäleon ∙ Chimäre ∙ Dachs ∙ Distelfalter ∙ Dohle ∙ Eichhorn ∙ Eidechse ∙ Eisbär ∙ Elefant ∙ Elster ∙ Ente ∙ Esel ∙ Fasan ∙ Fliege ∙ Floh ∙ Frosch ∙ Geier ∙ Girrvogel ∙ Glücksvogel ∙ Grille ∙ Hase ∙ Haubentaucher ∙ Hengst ∙ Huhn ∙ Hummel«∙ Hund ∙ Igel ∙ Insekt ∙ Käfer ∙ Kamel ∙ Katze ∙ Krähe ∙ Krebs ∙ Krokodil ∙ Lerche ∙ Libelle ∙ Lungenfisch ∙ Maultier ∙ Möwe ∙ Murmeltier ∙ Muschel ∙ Nachtfalter ∙ Natter ∙ Ochse ∙ Papagei ∙ Pavian ∙ Pechvogel ∙ Pferd ∙ Phönix ∙ Pleitegeier ∙ Purpurschnecke ∙ Qualle ∙ Rädertier ∙ Ratte ∙ Raubtier ∙ Raubvogel ∙ Regenpfeifer ∙ Salamander ∙ Schaf ∙ Schildkröte ∙ Schlange ∙ Schmetterling ∙ Schnecke ∙ Schwalbe ( Heute noch denken wir : Schwalbe, / und schon beginnt sie zu fliegen ) ∙ Schwan ∙ Seeschwalbe ∙ Seestern ∙ Skarabäus ∙ Skorpion ∙ Spaßvogel ∙ Spatz /Sperling ∙ Spinne ∙ Star ∙ Steckenpferd ∙ Steinkrebs ∙ Storch ∙ Taube ∙ Traumtier ( beobachtet das langsame Vergehen der Steine ) ∙ Unglücksrabe ∙ Vogelschwarm ∙ Wal ∙ Wasseramsel ∙ Wasservogel ∙ Wespe ∙ Zeitvogel ∙ Ziege, bevor ich, ganz hinab, in Friederike Mayröckers Proëmbuch études versinke : hat sich das Bäumchen wieder belebt, auf dem Frühstückstisch / in der Küche hat das Mimosenbäumchen sich neu belebt zaghaft 1 / neuer Trieb wie Händchen mir entgegen haben meine Tränen seine / Blätter neu belebt grüne Zierde in meinen Augen haben seine / Wurzeln sich neu erfrischt usw., während drauszen der Sturm / während mein Herz sich bäumt wie die Büsche am Hang, »étude« / die Übung, der Natur während die Locken des Liebsten mein Gesicht / verhüllen dasz ich nicht sehen soll seine Lieblichkeit während / die Kuckucke in meiner Brust : während ich lebe in Kontrasten / 20.7.11, dem ich den Essay Fetzchen ∙ It’s Mayröcker Time ∙ Wörter, die Lektüre von Friederike Mayröckers Proëmbuch »études« umkreiselnd verdanke, der mich, denk ich, über Wochenwochenwochen, so herrlich ›in Atem hält‹ : Who can ever say the perfect thing to the poet about his poetry? And not too much or not too little, just enough, frag ich mich, die ganze Zeit, mit Alice Munro, und die Tage schaukelten und bildeten Wochen, tröstet Robert Musil im Mann ohne Eigenschaften, um mich, ›eines Tages‹ in diesem schon so befragten benagten betagten ›neuen‹ Jahrhundert, auch eingedenk Horaz’ Ut pictura poesis, Hugo von Hofmannsthals Sprache ist überhaupt nur Bild und Thomas Klings Malerei und Schrift fallen partiell zusammen, mehr und mehr dem ›Gemäldegedicht‹, dem Paralleltext zur bildenden Kunst, wie Mayröcker es bezeichnet, zuzuwenden : Du kannst sie weitererzählen, / diese Topographie, nur weißt du nicht, was / die wenigen Leute am Ufer jetzt sagen, schreibt Jürgen Becker zur Ansicht von Delft, nachdem ich Gabriele Frings’ vortreffliche Monographie Giorgiones Ländliches Konzert ∙ Darstellung der Musik als künstlerisches Programm in der venezianischen Malerei der Renaissance gelesen habe und sich aus der Lektüre ein um Kunst und Lyrik rankendes Zwiegespräch mit der in Bonn am Rhein lebenden Autorin entspinnt, alles spült Die große Woge hoch als wär’s ein bild / das jeder so gut kennt, wähnt Judith Zander, während ich den tadellos trüben terrassen/t/r/e/p/p/e/n/traum denke : tränend text – täubchenturm ∙ tingeltangel ∙ talglicht ∙ trügerische todestrauer tippen, wandering into language is always a trespass / J. M. Coetzee, das, unverhofft, zu neuen Gedichten führt, und während einer bedächtlichen Zeit wird zeitgenössische k∙u∙n∙s∙t∙v∙o∙l∙l∙e Lyrik gesichtet, gesucht, gesammelt, chronisch auf ZuFall lauernd, absichtslos, die Tage schaukeln, Albrecht Fabri malt Verse : Sternbilder der Sprache, die Tage gaukeln, so vermeide ich sichtbarkeiten … das ist die lage, bekennt Lara Rüter, wir lesen, und fräsens mit Norbert Lange aus den Augenhöhlen, betrachten mit Hans Bender Fragonards Badende lang und lüstern, stellen einander, mit Marcus Roloff versunken am wangentisch / im toten winkel des goldenen schnitts, wortdauernd, kunstumkreiselnde Gedichte vor ( von denen es auch in Scherben saufen ein gutes Dutzend gibt … ), und, sieh da, sieh da, Timotheus, auch in Kasinostraße 3 wird man fündig ( wie in so vielen, vielen, vielen Gedichtbüchern von … ›heute‹ ), Ann-Kathrin Ast, beispielsweise, schreibt zu Edvard Munchs Sommernacht am Oslofjord : der mund ist eine insel … und ›neulich‹, wie erfreulich, bläst Westwind aus vollen Backen ( FM ), bin ich, wieder einmal, tagelang mit Gedichten von Axel Kutsch, die Türen auf, die Fenster / und Fahnen rausge- / hängt, daß sie / klirren im Wind, und Hans Bender befaßt, und Bender beschreibt, was er in den Incidents von Roland Barthes vorgefunden : Ruhig sitzen, nichts tun / Der Frühling kommt, / und das Gras wächst / wie von selbst ( wonach ich seit Jahren so sehr mich sehne ), und ich stürz mich, Blinder Übergang denkend, auf Gisela Hemaus Gedichte, die mir, auf einer geheimnisvoll melancholischen Straße, In München, die Begegnung mit de Chirico bescheren ( siehe auch hier in Scherben saufen auf Seite 37 : ein ungeschehner augenblick ) : endlich einfache episode ( effizienzexkurs ) : erdendlager eröffnet – elende e-mission ∙ ermüdet – – – erlebnisscheuer … enterich, Gedichte, die ich, klar, hinter geschlossenen Lidern lesen möchte, stattdessen reiße ich Augen weltweit auf und finde gleich zu Beginn das Gedicht, das, ›wie gemalt‹ ( womit man zum guten Schluß kommt, sich, gleichsam, auf den palmströmlinienfömig – folglich westöstlich – ausgerichteten Diwan im gabinetto lirico zurückzieht … jetzt noch ein wenig,wie es bei Uwe Hübner heißt, in seinem Lieblingsbuch liest ), ›irgendwie‹ und ›gut‹ zum mäandrisch gezeichneten Themenkreis paßt : Am siebten Tag würde er ruhen // Er malt Fenster / endlose Reihen von Fenstern / Hinter die einzelnen Fenster / stellt er Männer / Kinder Frauen / Sie schauen hinaus / Draußen ist nichts sagt er / Und malt
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Scherben saufen. Gedichte von Theo Breuer. Lyrikreihe Bd. 129. Pop-Verlag
Rund 70 Gedichte aus den Jahren 2013 bis 2019 werden in Theo Breuers neuem Gedichtbuch Scherben saufen versammelt. Schon der Titel verrät die paragrammatisch-parodistische Ausrichtung des Lyrikbands mit den vielen »kleinen Verschiebungen«, in dem der Himmel voller Schweigen hängt und sich im Witzkrieg am Ende alle kaputtlachen. In (un-)gereimten, heiter bis molkig wetternden Rollengedichten werfen Bensch, Kraus, Peer Quer und Mrs Columbo derart ungestüm die Buchstaben um, als wären sie beim Kegeln in der Kneipe. Ob schnurzgepieptes Ein- oder Zweiwortgedicht, salopper Vierzeiler, sprachspielerisch montiertes Sonett oder sturzbächliches, bisweilen über mehrere Seiten dahinrauschendes Poem: Stets geht es dem Autor s∙u∙c∙h∙s∙t∙ä∙b∙l∙i∙c∙h um Silbe und Wort, Stimme und Sprache, um Klang, um Schwingung, um Sound. In Scherben saufen findet der Leser Gedichte von wildschöner, quirliger Lebendigkeit – mit atmenden, brausenden, brodelnden, hechelnden, perlenden, sprudelnden, schäumenden Versen.
Weiterführend → Ein Essay über den Lyrikvermittler Theo Breuer.
→ Poesie zählt für KUNO zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugt der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung. Um den Widerstand gegen die gepolsterte Gegenwartslyrik ein wenig anzufachen schickte Wolfgang Schlott dieses post-dadaistische Manifest. Warum Lyrik wieder in die Zeitungen gehört begründete Walther Stonet, diese Forderung hat nichts an Aktualität verloren. Lesen Sie auch Maximilian Zanders Essay über Lyrik und ein Rückblick auf den Lyrik-Katalog Bundesrepublik. KUNO schätzt den minutiösen Selbstinszenierungsprozess des lyrischen Dichter-Ichs von Ulrich Bergmann in der Reihe Keine Bojen auf hoher See, nur Sterne … und Schwerkraft. Gedanken über das lyrische Schreiben. Lesen Sie ein Porträt über die interdisziplinäre Tätigkeit von Angelika Janz, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier, ein Essay fasst das transmediale Projekt „Wortspielhalle“ zusammen. Auf KUNO lesen Sie u.a. Rezensionsessays von Holger Benkel über André Schinkel, Ralph Pordzik, Friederike Mayröcker, Werner Weimar-Mazur, Peter Engstler, Birgitt Lieberwirth, Linda Vilhjálmsdóttir, und A.J. Weigoni. Lesenswert auch die Gratulation von Axel Kutsch durch Markus Peters zum 75. Geburtstag. Nicht zu vergessen eine Empfehlung der kristallklaren Lyrik von Ines Hagemeyer. Diese Betrachtungen versammeln sich in der Tradition von V.O. Stomps, dem Klassiker des Andersseins, dem Bottroper Literaturrocker „Biby“ Wintjes und Hadayatullah Hübsch, dem Urvater des Social-Beat, im KUNO-Online-Archiv. Wir empfehlen für Neulinge als Einstieg in das weite Feld der nonkonformistischen Literatur diesem Hinweis zu folgen.