Jedes Jahr zieht der Rundgang in Düsseldorf angeblich bis zu 40000 Menschen an, gefühlte 2000 davon in Pelz gehüllt. Kö-Umleitung. Vor dem Gebäude bilden sich bis zu 100 Meter lange Schlangen. Geduldig stehen sie in der Kälte. Nicht nur vor den Tunnels der Schweiz gibt es in Stoßzeiten Blockabfertigung, auch hier. Die Ateliers sind nicht nur mit Bildern, vor allem aber mit Sehleuten gefüllt. Nicht so sehr schweigend und staunend, eher grinsend und feixend. Da wird fotografiert und ganz wichtig notiert, da wird moniert und lamentiert. Wunderbar mag man meinen, Kunst zieht die Massen an. Ob wirklich geschaut wird, ist die eigentliche Frage. Tatsächlich schieben sich die Massen durch die Gänge, die Räume und lassen sich in erster Linie selber blicken. Kulturereignis mit Pflichtcharakter. Draußen hängen Bilder der sogenannten Flurstudenten, denen die Arbeit in den Ateliers von anderen Studenten verweigert wird. Hackordnung. Man mag sie beklagen, andererseits spricht sie doch letztlich nur für die Realität auf dem Kunstmarkt. Eine Krähe hackt der anderen vielleicht kein Auge aus, bei Künstlern verhält es sich da anders, zumindest so lange, wie man sich nicht etabliert hat. Die von manchen beschworene „Solidarität der Solitäre“ ist bei vielen von ihnen reine Illusion. „Klassenbewusstsein“ müsste hier auf die semantische Füllung untersucht werden. An den Türen stehen die großen Namen der Professoren und die bleiben für neue Studenten oft geschlossen.
Herr Nipps Strategie nach zehn Jahren Abstinenz war es gewesen, von oben nach unten zu laufen – gegen den Strom, damit man zuletzt keine Treppen mehr würde steigen müssen. Jedoch muss man nicht damit rechnen, dass oben auch durchweg die besseren Arbeiten hängen. Eine Besucherin, die Herr Nipp noch aus Studienzeiten kannte, die er zufällig traf, hatte es bitterböse und mit zwinkerndem Auge auf den Punkt gebracht: „Ich komme jedes Jahr hierher.“ „Und?“ „Jedes Jahr sieht man hier zu 80% Schrott. Man sollte nicht annehmen, dass alle Studenten, nur weil sie angenommen worden sind, eigene Ideen haben und auch noch etwas können.
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Veranstaltungshinweis: Der jährliche „Rundgang“ der Kunstakademie Düsseldorf findet im Jahr 2020 vom 5. bis 9 Februar statt, in der Zeit von Mittwoch bis Sonntag, 10 bis 20 Uhr.
Der Besuch des Rundgang ist kostenfrei und bedarf keiner Anmeldung.
Die bibliophilen Kostbarkeiten sind erhältlich über die Werkstattgalerie Der Bogen, Tel. 0173 7276421 – Bestellungen per mail über: edition-das-labor@web.de