Die Zweifel der Schmetterlinge, wer wollte sie hören? Sie formten bestimmt einen Brecher, würfen sich nackt auf unseren Augenstrand, Kieselspalter, Schmetterlippen, und wir trieben daneben, entblößt bis auf den Leim, kieloben die entwinkelten Hirne. Wir Gespenster. Ziehen uns Jeans und Bärte über und plaudern harmlos über Serien, lassen uns Depressionen tätowieren, vertilgt vom chronovoren Einst. Gott schenkte Abraham einen eigenen Buchstaben, was aber wird aus uns? Wir geben Augen für Hände aus, Schia- für ha’Shoah-Grusel aus der Überwüste, wo wild wallende Afghanen auf medinischen Gäulen ihre langen Gebetsmäntel über der Hodenfuge tragen, die kahlen Schädel abgemessert werden im Obdachlosentakt. Als wär ich aus Gewitterluft, so spürte ich den Einschlag. Hinter grellen Bildern die gesteckten Wiesen aus Bordüren und Geheimkommandos, nachtlang, todfremd. Du zeigst verzückst darauf und rufst: mein innerer Stamm, mein bunter Garten. Verwundert blick ich hin (Du bist mein Pfad, durch dich komm ich herüber): es sind nur Blumenrabatte. Damals-Ekstasen, episodische Insekten, Anfänge, gelangweilt wie Elbtunnel, gesät mit unachtsamem Blick. Schatten patrouillieren die engen Gassen, der Wind schreibt Wolkenfatwas auf die Mauern, faustdick. Du liegst nackt am Großen Bären und entzifferst den Barcode der Nacht, zupfst, einen milden Augenvokal lang, die schwere Braue des Alls, das verbissen schweigt hinter bewegter Asche. Feenhaariger Konsorte, sag’ mir das Leben auf in feinem weißen Deutsch. Sag mir die echten Worte für: Orgonfrucht, Asphaltschnecken, Seufzerlabyrinthe, Oberleitung, jeder oder nie, und Output aller Welten Narren.
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Mehrwegballaden. Neue Spektakel und Dioramen von Ralph Pordzik. École Noire, 2020
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In den Aufzeichnungen von Ralph Pordzik findet sich eine Poesie, die man von den japanischen Haiku kennt, sie scheint auf besondere Weise verfügbar und dienstbar zu sein. Diese Notate entsprechen der Denkgenauigkeit der Spätmoderne, es ist Twitteratur im besten Sinn. – Lesen Sie auch einen Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.
Bereits von seinem ersten Band Verabredung mit meinem Publikum war KUNO angetan. Auf KUNO lesen Sie auch einen Rezensionsessay von Holger Benkel über Ralph Pordzik – Poesie ist das identitätsstiftende Element der Kultur, KUNOs poetologische Positionsbestimmung.