Ein Ausserirdischer

Sein Instrument jault und kreischt. ‚The Star Spangled Banner‘ – jeder Ton ist eine bittere Anklage, ist tränenreiche Trauer, Protest, ein wütender Aufschrei gegen die zynische Macht des Establishments. ‚Wir sind gegen euren verdammten Krieg im fernen Vietnam.‘ Die Botschaft ist unmissverständlich. Freiheitssehnsucht und Widerstand, alles steckt in ein paar Gitarren-Läufen.

Markus Vanhoefer

Falls der Slogan „Clapton is God“ stimmt, der auf eine Wand in London gesprüht wurde, dann ist Jimmy Page mit Zeus zu vergleichen, da er in der Lage war mit seiner Stromgitarre Blitze zu schleudern. James Marshall „Jimi“ Hendrix, der wegen seiner experimentellen und innovativen Spielweise auf der E-Gitarre als einer der bedeutendsten und einflussreichsten Gitarristen gilt, ist in diesem Zusammenhang eher als Außerirdischer anzusehen.

Elektrisch heißt bei ihm nicht nur lauter und intensiver, er spielte tatsächlich auf dem Verstärker. Er schloss seinen Körper mit dem Verstärker und seiner Gitarre zu einer neuen Existenzform zusammen.

Klaus Theweleit

Nach seiner Ankunft in England im September 1966 hatte Hendrix die Jimi Hendrix Experience mit Mitch Mitchell am Schlagzeug und Noel Redding am Bass gegründet. Die Aufnahmen begannen am 26. Oktober 1966 und wurden am 3. April 1967 abgeschlossen. Geschrieben wurden alle Lieder von Frontmann Jimi Hendrix, lediglich die Coverversion zu Hey Joe (The Leaves) stammt nicht von ihm. Hendrix schrieb dabei alles alleine, nur beim Bonustitel Highway Chile bekam er Unterstützung durch Bo Hansson und Janne Karlsson. Für die Produktion zeichnete weitgehend allein Chas Chandler verantwortlich. Bei I Don’t Live Today unterstützte ihn Alan Douglas sowie beim Bonustitel Red House John Jansen und Eddie Kramer.

Die Erstveröffentlichung von Are You Experienced erfolgte am 12. Mai 1967 bei Track Record im Vereinigten Königreich.

Das Album erschien in seiner Originalausführung als LP mit elf Titeln. In den Vereinigten Staaten erschien das Album am 23. August 1967 bei Reprise Records. Im Jahr 1984 erschien es erstmals als CD-Ausführung, die im Jahr 1993 mit sechs Bonustiteln bei MCA Records neu aufgelegt wurde. Das Album wurde nur in Mono veröffentlicht, was bemerkenswert ist, da in dieser Musikbranche zu dieser Zeit auch stereophone Schallplatten üblich waren, andererseits arbeitete Hendrix auf den folgenden Alben gerade mit stereophonischen Effekten. Schallplattenausgaben in anderen Ländern verwenden deshalb ein elektronisches Stereo, um einen Pseudo-Stereoklang zu erzeugen; Spätere Ausgaben des Albums enthalten echte Stereo-Abmischungen, ebenso wie die folgenden CD-Ausgaben

Weiter gehts im Schweinsgalopp.

Die Erstveröffentlichung von Electric Ladyland erfolgte am 16. Oktober 1968 bei den Musiklabels Reprise Records (Vereinigte Staaten) und Track Records (Vereinigtes Königreich). Das Album erschien in seiner Originalausführung als Doppel-LP mit 16 Titeln. Geschrieben wurden alle Lieder alleine von Jimi Hendrix, ausgenommen die Coverversionen zu All Along the Watchtower (Bob Dylan) und Come On (Let the Good Times Roll) (Earl King) sowie das Lied Little Miss Strange, das von Bandkollege Noel Redding geschrieben wurde. Hendrix zeichnete zudem alleine für die Produktion aller Lieder verantwortlich. Die Aufnahme des Albums gestaltete sich problematisch. Nach einer Tour entschloss sich Hendrix, in die Vereinigten Staaten zurückzuziehen. Frustriert von den Einschränkungen herkömmlicher Studios, wollte er sich in New York ein eigenes Studio einrichten, wo er seine musikalischen Vorstellungen verwirklichen konnte. Allerdings verzögerte sich der Bau des Studios immer mehr, so dass er Electric Ladyland in den Record Plant Studios aufnehmen musste.

Da der vorher eher disziplinierte Hendrix immer gesprungener wurde und die Sessions nur unregelmäßig stattfanden, verließ sie der Produzent Chas Chandler im Mai 1968.

Chandler kritisierte mehrere später Hendrix‘ Beharren, Aufnahmen des gleichen Songs zu machen (Gypsy Eyes brauchte 43 Versuche und stellte Hendrix dennoch auf nicht zufrieden). Gitarrist Dave Mason musste mehr als 20 Versionen der Akustikgitarre in All Along the Watchtower spielen. Für die Mitarbeit am Album konnte Hendrix unter anderem Dave Mason, Chris Wood und Steve Winwood von Traffic, Schlagzeuger Buddy Miles, Jack Casady von Jefferson Airplane und den früheren Dylan-Organisten Al Kooper gewinnen. In der letzten Produktionsphase benannte ein Studiomitarbeiter das Album in „Electric Landlady“ um. Das Album wäre schnell unter diesem Titel erschienen, jedoch erfuhr Hendrix davon und ließ den Titel erneut ändern.

Bereits zum Ende des Jahres 1968 begann Hendrix immer unzufriedener mit seiner Formation The Jimi Hendrix Experience zu werden.

Auch aufgrund der häufigen Tourneen und der ständigen Aufnahmesessions war insbesondere zu Noel Redding das persönliche Verhältnis so belastet, dass es im April 1969 schließlich zu einem Treffen mit Billy Cox in Memphis kam. Dieser konnte Hendrix seit der gemeinsamen Armeezeit in Fort Campbell und bot ihm an, in die Band einzusteigen. Hierzu kam es im Sommer 1969, als die ursprüngliche Experience-Formation auseinanderbrach, nachdem in der Zwischenzeit weitere Konzertverpflichtungen erfüllt wurden. Daraufhin zogen sich Hendrix, Cox und Mitch Mitchell in die Nähe von Woodstock zurück und begannen mit den Proben. Laut Cox war die ländliche Ruhe beabsichtigt, um sich ganz auf die musikalische Arbeit konzentrieren zu können.

Im August 1969 fand dann der erste Auftritt dieser Gruppe beim Woodstock-Festival statt, bei dem außerdem der Gitarrist Larry Lee und die beiden Congaspieler Juma Sultan und Gerardo Velez als Bandmitglieder dabei waren. Gegenüber den Konzertbesuchern beschrieb Hendrix diese Formation als Gypsy Sun & Rainbow, a Band of Gypsys oder einfach als so, wie das Publikum die Band gerne nennen würde. Gypsy Sun & Rainbow schrumpfte nach Woodstock allerdings sehr schnell wieder auf das Trio aus Hendrix, Cox und Mitchell.

Im Oktober 1969 kehrte Mitchell nach England zurück. Laut Cox sei dies aber kein Verlassen der Gruppe gewesen, sondern sollte nur eine Auszeit darstellen. Zu dieser Zeit wuchs der Druck auf Hendrix aufgrund von juristischen Verpflichtungen. Die durch Mitchells Abwesenheit verwaiste Schlagzeugposition wurde mit Buddy Miles besetzt, der bereits mit The Electric Flag einige Bekanntheit erreicht hatte und häufig bei Hendrix‘ Jamsessions in den Record Plant Studios anwesend war. Diese Formation nannte sich dann Band of Gypsys. Ab Oktober 1969 beschäftigte sich die Gruppe mit neuen Liedern und erarbeitete ein für die geplanten Konzerte umfassendes Repertoire.

Das Originalalbum von 1970 enthält ausschließlich Aufnahmen vom Neujahrstag, wobei Who Knows und Machine Gun von der ersten Show und die restlichen vier Lieder von der zweiten Show stammen. Bei beiden Sets an Silvester hatte es anfänglich technische Probleme gegeben, so dass laut Cox Hendrix Bedenken bekam, ob überhaupt genügend qualitativ ausreichendes Material für das benötigte Album zusammenkommen würde. Daher hätte Hendrix bei beiden Shows an Neujahr sehr konzentriert und ruhig gespielt und sich auf die Musik fokussiert. Erst während der Zugaben zeigte er die für ihn bekannten Tricks und Gimmicks an der Gitarre.

Ende Januar 1970 kamen Hendrix und Eddie Kramer in den Juggy Sound Studios in New York zusammen, um darüber zu entscheiden, welche Lieder für das geplante Album verwendet werden sollten. Im März 1970 erschien Band of Gypsys. Es sollte das letzte Album bleiben, das Hendrix persönlich autorisiert hatte und damit auch das einzige Livealbum, das zu seinen Lebzeiten veröffentlicht wurde.

Jimi Hendrix ist der verglühende Meteor mit der Nachricht vom Ungeheueren.

Klaus Theweleit

Jimi Hendrix ist vor 50 Jahren mit 27 Jahren an einer Überdosis Schlaftabletten gestorben, das kam für viele damals nicht überraschend. Und es nährt den Mythos vom früh vollendeten Genie, tragischen Heros.

 

 

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Are You Experienced, Jimi Hendrix Experience, 1967

Electric Ladyland, Jimi Hendrix Experience, 1968

Band of Gypsys, ein Livealbum von Jimi Hendrix mit Buddy Miles und Billy Cox 1970

Weiterführend Dem Begriff Trash haftet der Hauch der Verruchtheit und des Nonkonformismus an. In Musik, Kunst oder Film gilt Trash als Bewegung, die im Klandestinen stattfindet und an der nur ein exklusiver Kreis nonkonformistischer Aussenseiter partizipiert. Dieser angeschmutzte Realismus entzieht sich der Rezeption in einer öffentlichen Institution. 1989 erscheint Helge Schneiders allererste Schallplatte Seine größten Erfolge, produziert von Helge Schneider und Tom Täger im Tonstudio/Ruhr. In der Reihe Gossenhefte zeigt sich, was passiert, wenn sich literarischer Bodensatz und die Reflexionsmöglichkeiten von populärkulturellen Tugenden nahe genug kommen. Der Essay Perlen des Trash stellt diese Reihe ausführlich vor. Constanze Schmidt beschreibt den Weg von Proust zu Pulp.