Benjamins Zeitform ist nicht das Perfekt, sondern das Futurum der Vergangenheit in seiner ganzen Paradoxie: Zukunft und doch Vergangenheit zu sein.
Peter Szondi
„Auf dem Friedhof habe ich verstanden, dass an der Stelle, wo Benjamin ruht – und niemand weiß genau wo auf dem Friedhof –, dass nur dort der Ort sein kann, um sein Andenken aufzuzeigen, wie auch seine Tragödie […]. Das Geräusch der Züge, von dem großen Grenzbahnhof her, wie das Geräusch der Deportation zu den Lagern. Der Tod, die Grenze, die Hoffnung; ich hatte keine andere Wahl, ich hatte gar keine Wahl, alles wurde mir diktiert. Ich wusste, dass der Platz für die Hommage in der Nähe des kleinen Friedhofs von Portbou sein musste. Und dann plötzlich beschert mir die Natur ein erstaunliches, bewegendes Schauspiel, einen Strudel, der aus dem Meer zwischen den Felsen brandet. Das Wasser strudelt, fällt tobend in die Tiefe, springt mit Getöse wieder hoch, dann Ruhe, Stille, Frieden. Und von Neuem wiederholt sich dieses erstaunliche Schauspiel wie das Schlagen eines wunden Herzens. Und die Wogen schlagen an die Felsen, wie man sich an die Brust schlägt. Ich bin den steilen und steinigen Weg weiter hinauf gegangen, habe den Olivenbaum gesehen, der gegen den salzhaltigen Seewind und den trockenen, dürren Boden um sein Überleben kämpft. Auf der Suche nach weiteren Elementen bin ich hinter den Friedhof gestiegen, oberhalb des Felsens, von wo aus ich das Meer betrachtet habe, den Horizont, die Freiheit, versperrt von einer Barriere: der Barriere des Friedhofs. Und es gibt keinen Ausweg […]. Alle diese Elemente, die da sind seit – und bevor – Walter Benjamin versucht hat, in die Freiheit zu passieren, alle erzählen sie die tragische Geschichte dieses Mannes.“
Dani Karavan
Der Gedenkort „Passagen“ ist ein 1994 eröffnetes Denkmal für den Philosophen Walter Benjamin an der Costa Brava in seinem Sterbeort Portbou, welches der Künstler Dani Karavan entworfen hat. Zum 80. Todestag von Walter Benjamin erinnert KUNO an diesen Denker und läßt die Originalität und Einzigartigkeit seiner Gedanken aufscheinen. Holger Benkel mit einer Einführung.