Gipfeltreffen zu dritt mit mir selbst

Coverphoto: Jo Lurk

Vorbemerkung der Redaktion: Ulrich Bergmann war angetan vom Cover der Lokalhelden. A.J. Weigoni hatte ihn daraufhin zu einem Kollegengespräch in ein Brauhaus eingeladen. Bergmann bevorzugte jedoch ein untergäriges Bier. Eine Erinnerung des Bonners an den ungarischen Rheinländer.

 

„Es gibt wohl nur wenige Schriftsteller, die so lebensfroh sind wie ich“, sage ich zu Weigoni beim Interview in Düsseldorf. – „Aha“, sagt Weigoni. – „Ja“, sage ich, „ich schreibe ja nicht aus Depression oder so, sondern weil ich ein Träumer bin.“ – „Soso“, sagt Weigoni und schaut mich mit großen Augen an, „soso.“ „Sie glauben mir wohl nicht“, sage ich. – „Doch doch“, sagt er, „doch doch.“ –  „Sie zweifeln“, sage ich, „das sehe ich Ihnen an.“ – Nein nein …“ – „Glauben Sie mir, Weigoni, es gibt da kein Aber.“ – „Sie verblüffen mich“, sagt er, „immer wieder versetzen Sie mich in Erstaunen.“ – „Kein Wunder“, sage ich, „ich staune ja über mich selbst am allermeisten!“ – „Sie müssen sich selbst doch besser kennen als ich Sie“, wandte er ein. – „Lieber Weigoni“, sage ich, „das glauben wir nur. Ich kenne mich selbst nur sehr vage – vielleicht spiegele ich mich in dieser oder jener Romanfigur.“ – „Zum Beispiel?“ – „In Thomas Manns Joseph.“ – „Wie das?“, fragt er. – „Haben Sie Joseph und seine Brüder gelesen?“, frage ich zurück. „Nein“, sagt er, „noch nicht.“ „Lesen Sie den Roman, und Sie werden mich durchschauen.“ – „Vielleicht gibt es eine andere Figur in einem etwas kürzerem Roman …?“ – „Okay“, sage ich, „Felix Krull.“ – „Greifen Sie da nicht etwas zu hoch?“ – „Eher zu tief“, sage ich, „übrigens sehe ich mich auch in Hans Castorp gespiegelt.“ – „Lieber Bergmann, mein Gott“, sagt Weigoni, „das ist hart.“ – „Ach was“, sage ich, „ich brauche diese Zerrspiegel nur, um mir klarzumachen, wie froh ich lebe.“ – „Parbleu!“, rief Weigoni, „parbleu!“ – „Ja“, sage ich, „ich leide eigentlich nur an der Güte meiner Natur, die mir so sehr wohl will. Meine Mutter, die ja noch lebt, sagt immer wieder, ich sei von klein auf ein sunny boy gewesen, ein Strahlemann, ein Glückskind eben.“ – „Na dann …“, sagt Weigoni, und ich sage: „Ich danke Ihnen für dieses Gespräch, lieber Weigoni, Ihre tiefsinnigen Fragen haben mir endgültige Klarheit über mich verschafft.“

 

 

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Lokalhelden, Roman von A. J. Weigoni, Edition Das Labor, Mülheim 2018 – Limitierte und handsignierte Ausgabe des Buches als Hardcover.

Weiterführend → Bei dem vertiefenden Kollegengespräch mit Ulrich Bergmann, breitete Weigoni sein Recherchematerial aus.