Pirandello geht mir auf den Geist. Er faselt so schlau daher. Er denkt, er sei Kant & Nietzsche in einer Person … Warum sprach er mich überhaupt an? Er kennt mich doch gar nicht. Braucht er ein Objekt seiner pädagogischen Begierde? – Ach, lieber Herr Jo, ich sehe, dass mich Pirandello erschöpft hat. Ich bin eben kein Philosoph. Die Erkenntnisse sind ja so gering, so flüchtig, so fragwürdig, und das Allgemeingültige langweilt mich. Fluss und Bewegung der Gedanken motivieren mich nur selten, irritieren mich eigentlich nur. Ich drifte immer ab ins Ästhetische, Groteske, Skurrile, Polemische, in Ironie, Scherz & Satire, mich treibt es zu Reisen in der Sprache, zur Musik in Worten und Sätzen … Aber da steht er schon wieder oben auf seinem Balkon und wartet nur darauf, dass ich mich verschlucke.
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Pirandello-Geschichten, von Ulrich Bergmann + Selbstporträts, Damonte, Bonn 2021
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Auch in seinem Projekt Pirandellos nutzt Ulrich Bergmann das Postkartenformat. Mit seinen „Correspondenzkarten“ verschafft er den Lesern das Vergnügen von spezieller Twitteratur. Es ist eine bildungsbürgerliche Kurzprosa mit gleichsam eingebauter Kommentarspaltenfunktion, bei der Kurztexte aus dem Zyklus Kritische Körper, und auch aus der losen Reihe mit dem Titel Splitter, nicht einmal Fragmente aufploppen. – Eine Einführung in Schlangegeschichten von Ulrich Bergmann finden Sie hier. Lesen Sie auf KUNO zu den Arthurgeschichten auch den Essay von Holger Benkel, sowie seinen Essay zum Zyklus Kritische Körper.