Ich traf Pirandello

 

Er sprach kein einwandfreies Deutsch, aber gut genug, damals in Bonn, wo er seinen Doktor machte. „Kennen Sie meine Arthurgeschichten?“, fragte ich ihn. „Bedaure, Signore“, sagte er, „wer ist Arthur?“ – „Ein Urenkel Schopenhauers.“ – „Ah“, sagte er, „man philosophiert …“ – „Man kann es sagen“, sagte ich. – „Allora, kennen Sie meine sechs Personen -“ – „Na klar!“, unterbrach ich ihn, „sie suchen nicht mehr, sie haben mich gefunden.“ – „Perfetto“, so er, „und -?“ – „Sie reden nicht, sie schweigen mich an“, sagte ich. – „Oh“, sagte Pirandello, „scusi, ich habe sie nicht gut erzogen!“ – „Nein, nein“, sagte ich, „im Gegenteil!“ – „Cosa?“ – „Sie sind autonom“, sagte ich, „sie haben sich erschaffen und ihren Autor abgeschafft.“ – „Oh“, sagte Pirandello, „es konnte nichts Besseres geschehen, und nichts Schlimmeres.“ – Ich schwieg und dachte: Er hat Recht.   

 

 

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Pirandello-Geschichten, von Ulrich Bergmann + Selbstporträts, Damonte, Bonn 2021

Weimar ist nicht Bonn

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Auch in seinem Projekt Pirandellos nutzt Ulrich Bergmann das Postkartenformat. Mit seinen „Correspondenzkarten“ verschafft er den Lesern das Vergnügen von spezieller Twitteratur. Es ist eine bildungsbürgerliche Kurzprosa mit gleichsam eingebauter Kommentarspaltenfunktion, bei der Kurztexte aus dem Zyklus Kritische Körper, und auch aus der losen Reihe mit dem Titel Splitter, nicht einmal Fragmente aufploppen. – Eine Einführung in Schlangegeschichten von Ulrich Bergmann finden Sie hier. Lesen Sie auf KUNO zu den Arthurgeschichten auch den Essay von Holger Benkel, sowie seinen Essay zum Zyklus Kritische Körper.