Literatur ist das Komplementäre zur Wirklichkeit

 

Wenn Weigoni diese beiden Welten aufeinanderprallen läßt, leuchten sie am hellsten. Die Betrachtung eines Gegensatzes, treibt die poetische Produktivität dieses Romanciers hervor, er erzählt mit dramaturgische Raffinement und erzählerischer Souplesse. Das Genre-Hopping und die Aneignung einer literaturhistorischen Gattung wie der Novelle erlauben es A.J. Weigoni, ideologische Barrieren zu transzendieren.

Die Digitalisierung legt sich wie die Last eines autoritären Systems über die Menschen.

Mit den Novellen Cyberspasz, a real virtuality setzt Weigoni die im Band Zombies begonnenen Erforschungen der Trivialmythen fort. Definierte dieser Romancier mit den Vignetten die Literaturgattung Novelle neu und analysierte zugleich den Somnambulismus der Welt, so oszillieren seine neuen Novellen zwischen dem mokanten Blick einer zuweilen herzlich boshaften Zeitgenossenschaft und der Ekstase einer ins Innere der Erscheinungen zielenden Sehnsucht, zwischen den Wonnen der Gewöhnlichkeit und ihrer argwöhnischen Begutachtung. Weigoni stellt existenzielle Fragen nach dem Wesen der Wirklichkeit. Cyberspasz spiegelt die entfesselten Welten des Digitalzeitalters.

Werden posthumane Existenzformen organisch oder elektronisch sein?

Das Schauspiel des allgemeinen Zerfalls weckt in diesem Erzähler den Widerstand, sich der allseitigen digitalen Auflösung mit der eigenen, flüchtigen Person auszuschließen. Der ‚virtual reality’ zieht Weigoni in den Novellen Cyberspasz die reale Virtualität der Poesie vor und plädiert für die Veränderbarkeit der Welt.

 

 

* * *

Cyberspasz, a real virtuality, Novellen von A. J. Weigoni, Edi­tion Das Labor, Mülheim an der Ruhr 2012.

Covermonatge: Jesko Hagen

Weiterführend →

KUNO übernimmt Artikel von Jo Weiß aus Kultura-extra, von Karl Feldkamp aus Neue Rheinische Zeitung und von Christine Kappe aus fixpoetry. Betty Davis sieht darin eine präzise Geschichtsprosa. Margaretha Schnarhelt erkennt darin  hybride Prosa. Enrik Lauer deutet diese Novellen als Schopenhauers Nachwirken im Internet. In einem Essay betreibt KUNO dystopische Zukunftsforschung.