Bonn, 10.9. La Fontana

 

Lieber Wolfgang,

die Sonne scheint, die Wetterprognose jedoch verheißt volatile Himmelserscheinungen, und so hat die Bouquinistin des Bücherkarrens am Kaiserplatz geschlossen. Schlimmer noch: Pirandello schweigt. Er schläft noch, oder er hat sich in der Bibliothek des Romanischen Seminars verirrt, verlaufen und verzettelt in den Büchern. So bin ich heute die einzige Konstante in meiner Welt, Voltaires Maxime beherzigend: Il faut cultiver notre jardin, c’est à dire: mon jardin des idées … Aber ohne Pirandello, ohne Bücherbude ist der Kaiserplatz nur eine halbe Welt, und ich bin versucht, den Kastraten aus „Candide“ zu zitieren: O che sciagura d’essere senza coglioni! Aber ich weiß ja, ich übertreibe maßlos, und so gelobe ich Besserung.

 

 

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Pirandello-Geschichten, von Ulrich Bergmann + Selbstporträts, Damonte, Bonn 2021

Weimar ist nicht Bonn

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Auch in seinem Projekt Pirandellos nutzt Ulrich Bergmann das Postkartenformat. Mit seinen „Correspondenzkarten“ verschafft er den Lesern das Vergnügen von spezieller Twitteratur. Es ist eine bildungsbürgerliche Kurzprosa mit gleichsam eingebauter Kommentarspaltenfunktion, bei der Kurztexte aus dem Zyklus Kritische Körper, und auch aus der losen Reihe mit dem Titel Splitter, nicht einmal Fragmente aufploppen. – Eine Einführung in Schlangegeschichten von Ulrich Bergmann finden Sie hier. Lesen Sie auf KUNO zu den Arthurgeschichten auch den Essay von Holger Benkel, sowie seinen Essay zum Zyklus Kritische Körper.