Kleine Kerbtäler, in denen tröpfchenweise kleinste Quellen ihr sickerndes Wasser mit Bedacht und wohldosiert an die Oberfläche schicken, werden in dieser Gegend auch Siepen genannt. Oft idyllische Rückzugsgebiete für seltene Pflanzen und Tiere. Orte, die früher gerne zugeschüttet wurden. um Baugrundstücke zu schaffen, manchmal zeugt allerdings ein Straßenname noch davon, wie es einst ausgesehen haben könnte. So eine Straße heißt dann vielleicht Im Siepen oder Am Siepenteich. Sofort werden bei solcher Bezeichnung bestimmte Assoziationen von Herrn Nipp wach. Kürzlich war er mit einem Freund spazieren und hat einen solchen Siepenteich entdeckt. Eine Stelle im Siepen oder Kerbtal, an der sich eine größere Pfütze gebildet hat, vielleicht weil ein umgestüzter Baum den Abfluss versperrt oder ein Rohr unter dem Wanderweg verstopft ist. Darin stehen dann mit Sicherheit einige abgestorbene Bäume und wenn welche noch leben, dann sind es mit absoluter Sicherheit die Erlen und Weiden. Das Wasser erscheint oft dunkel und bei manchen solcher Teiche steigen auch regelmäßig Blasen auf, die Produkte der anaeroben Verrottungsprozesse, also Methangas. Einige dieser Teiche und dazu gehörte der gerade entdeckte, wimmeln allerdings geradezu von Leben. Herr Nipp hockte sich nieder, um zu sehen, was es denn zu sehen gibt. Neben Kaulquappen einige Molche, Wasserläufer, Käfer und allerhand Kleingetier, dessen Namen er nicht weiß. Trotzdem eine tolle Entdeckung für ihn und irgendwie kommt er sich wie ein Kind vor, als er einen der schwarzen Bergmolche mit dem gebänderten Aalstrich auf die Hand nimmt. Ganz vorsichtig versteht sich. Er betrachtet ihn wie damals, als er noch fast täglich in den Wald gegangen ist, um solche Lebewesen zu entdecken, und setzt ihn dann ebenso sorgsam wieder ins Wasser. Der Freund ist derweil weitergegangen, steht an der nächsten Weggabelung und reckt sichtlich zufrieden die Nase in die frische Luft. „Seit ich hier wohne, bin ich glücklich“, meint er, als die beiden sich wieder auf den Weg machen und Herr Nipp denkt zufällig das Selbe.
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Weiterführend → Zu einem begehrten Sammlerstück hat sich die Totholzausgabe von Herrn Nipps Die Angst perfekter Schwiegersöhne entwickelt. Außerdem belegt sein Taschenbuch Unerhörte Möglichkeiten, daß man keinen Falken mehr verzehren muss, um novellistisch tätig zu sein. Herr Nipp dampft die Gattung der Novelle konsequent zu Twitteratur ein. Und außerdem präsentiert Haimo Hieronymus die bibliophile Kostbarkeit Über Heblichkeiten, Floskeln und andere Ausrutscher aus den Notizbüchern des Herrn Nipp. Begleitendes zur Veröffentlichung des Buches Fatale Wirkungen, von Herrn Nipp (Mit Fotos von Stephanie Neuhaus). Über die historische Aufgabe von Herrn Nipp aus Möppelheim.
Zum Thema Künstlerbucher lesen finden Sie hier einen Essay sowie ein Artikel von J.C. Albers. Vertiefend auch das Kollegengespräch mit Haimo Hieronymus.
Diese bibliophile Kostbarkeiten sind erhältlich über die Werkstattgalerie Der Bogen, Tel. 0173 7276421