Impostor

Die fragmentarischen Reisenotizen von Boris Kerenski, der es wagt und damit etwas genuin Literarisches leistet, Bekanntes in neuem Licht erscheinen zu lassen: Sein Hollywood ist bar allen Glamours, ist ein heruntergekommener, stilloser Ort voller abgewirtschafteter Ramschläden, in dem die Menschen ›wie sich seltsam bewegende Insekten aussehen‹.

Rainer Wochele, Stuttgarter Zeitung

 

… Berlin – Los Angeles – Tanger … Ari ist unterwegs, einfach so. Irgendwie muss die freie Zeit ja vertändelt werden: Rastlosigkeit als Lebensprinzip. Die wechselnden Metropolen liefern frische Kulissen für den misanthropischen Flaneur. In einem Moleskine hält er seine sezierenden Beobachtungen fest. Zaghafte Versuche, um damit als Schriftseller zu reüssieren? Verwünschungen einer zurückgelassenen Geliebten vernichten Manuskript und Komfortzone. Wenn Magie existiert, dann ist sie überall wirksam: Es gibt kein Entrinnen vor der Schwarzen Frau. Ein Mord könnte das Ungemach beseitigen …

Drei kleinere Erzählungen, die für sich stehen und doch aufeinander aufbauen, münden in der großen Erzählung Impostor. 2019 erschien der erste Teil – Tristesse cool serviert – als bibliophiles Chapbook mit zahlreichen farbigen Illustrationen von Dieter Groß (mittlerweile in 3. Auflage). Umfangreicher, aber in gleicher Aufmachung, erschien 2020 der zweite Teil – Helden der Krise – und 2021 kommt der dritte Teil – Ordinary Argonaut – auf den Markt. 2022 werden diese drei Teile zusammengefasst als Hardcover unter dem Titel Impostor veröffentlicht.

 

 

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Zuletzt war KUNO angetan von Social Beat – Stimmen aus dem popliterarischen Untergrund, von Boris Kerenski. Edition Hibana, 2021

Bevor der „Beat“ zur Pop-Literatur verniedlicht wurde, war er gefährlich. In einer Zeit, da Originalität von der Stange erhältlich ist, präsentiert sich der Underground schriller, um Aufmerksamkeit zu wecken. Zu Social Beat erwartet man ein fotokopiertes und zusammengetackertes Fanzine und erhält eine qualitativ hochwertig gemachte 40-seitige-Broschüre, die als eigenständige Sachpublikation angelegt ist. Boris Kerenski hat seine Fähigkeit als Herausgeber mit Kaltland Beat unter Beweis gestellt, in 1999 bereits die Bestandsaufnahme einer Krise, gesellschaftlich und vor allem literarisch. KUNO schätzt seinen künstlerischen Blick bei der Mailart-Aktion Was ist Social Beat?

Weiterführend →

Zu den Gründungsmythen der alten BRD gehört die Nonkonformistische Literatur, lesen Sie dazu auch ein Porträt von V.O. Stomps, dem Klassiker des Andersseins. Kaum jemand hat die Lückenhaftigkeit des Underground so konzequent erzählt wie Ní Gudix und ihre Kritik an der literarischen Alternative ist berechtigt. Ein Porträt von Ní Gudix findet sich hier (und als Leseprobe ihren Hausaffentango). Lesen Sie auch die Erinnerungen an den Bottroper Literaturrocker von Werner Streletz und den Nachruf von Bruno Runzheimer. Zum 100. Geburtstag von Charles Bukowski, eine Doppelbesprechung von Hartmuth Malornys Ruhrgebietsroman Die schwarze Ledertasche. 1989 erscheint Helge Schneiders allererste Schallplatte Seine größten Erfolge, produziert von Helge Schneider und Tom Täger im Tonstudio/Ruhr. Lesen Sie auch das Porträt der einzigartigen Proletendiva aus dem Ruhrgebeat auf KUNO. In einem Kollegengespräch mit Barbara Ester dekonstruiert A.J. Weigoni die Ruhrgebietsromantik. Mit Kersten Flenter und Michael Schönauer gehörte Tom de Toys zum Dreigestirn des deutschen Poetry Slam. Einen Nachruf von Theo Breuer auf den Urvater des Social-Beat finden Sie hier – Sowie selbstverständlich his Masters voice. Und Dr. Stahls kaltgenaue Analyse. – Constanze Schmidt beschreibt den Weg von Proust zu Pulp. Ebenso eindrücklich empfohlen sei Heiner Links Vorwort zum Band Trash-Piloten. Inzwischen hat sich Trash andere Kunstformen erobert, dazu die Aufmerksamkeit einer geneigten Kulturkritik. In der Reihe Gossenhefte zeigt sich, was passiert, wenn sich literarischer Bodensatz und die Reflexionsmöglichkeiten von populärkulturellen Tugenden nahe genug kommen, der Essay Perlen des Trash stellt diese Reihe ausführlich vor. Die KUNO-Redaktion bat A.J. Weigoni um einen Text mit Bezug auf die Mainzer Minpressenmesse (MMPM) und er kramte eine Realsatire aus dem Jahr 1993 heraus, die er für den Mainzer Verleger Jens Neumann geschrieben hat. Jürgen Kipp über die Aufgaben des Mainzer Minipressen-Archives. Ein würdiger Abschluß gelingt Boris Kerenski mit Stimmen aus dem popliterarischen Untergrund.