Man lehnte zu viert an dem erkalteten Heizkörper mit dem Rücken zum Tageslichtfenster. Kaum lesbar das Namensschild an der Tür, der kleiner darunter gedruckte Titel, -die auch dort angehefteten Stundenblätter wurden durch die Atemzüge der Nächststehenden bewegt. Man horchte auf die Stimmen hinter der Tür, und da man sie nicht unterscheiden konnte, hätte man schließen können, dahinter würde ein Selbstgespräch geführt.
Sie trug sich seit einigen Wochen mit einem unguten Körpergefühl, weniger ausgelöst durch Schmerzempfinden, sondern durch eine dumpfe, betont. schmerzfreie, wie durch Schmerzmittel hervorgerufene dauernde Gedämpftheit des Hirns und im Bereich von Herz und Bauch.
Manchmal erschrickt sie beim Sprechen mit anderen über sich selbst -die Melodie ihrer Sätze ist ihr fremd, ja, sie kann sich nicht erinnern, je eine Melodie beim Sprechen gezüchtet zu haben, auch kann sie das Tönen beim Sprechen nicht ablösen nicht abbrechen, sie spricht weiter, obwohl sie es nicht muss, sie hört sich gern reden, sie spricht einen Dialekt, dessen geographische Zugehörigkeit sie nicht zu orten weiß.
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Delta … als sei ihre Unsichtbarkeit nichts weiter, von Angelika Janz 2023
Angelika Janz erzählt im Delta ganz aus der Innenperspektive und schafft eine leicht verfremdete Atmosphäre. Mit sezierendem Blick und literarisch sehr eigenwillig zeigt sie eine soziale Gemeinschaft und eine Gesellschaft, die sich selbst zersetzen. Über eine zusammenhängende Folge hinweg wird die Geschichte durch die vielen kleinen redundanten Bewußtseinsströme in Offene geführt.
Weiterführend →
Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung an die visuellen Arbeiten von Angelika Janz. Und nicht zuletzt, Michael Gratz über Angelika Janz‘ tEXt bILd